silvesterabend
2014.
die zweite
bong. ich hab die ganze zeit angst, dass irgendjemand einen
chinaböller genau vor meine fensterscheibe legt, während die musik
immer gemütlicher wird und ich kann annehmen was ich bin, weil ich
damit leben kann, dass ich das jahr allein beginne. andere menschen
würden mich nur daran erinnern, wie allein ich eigentlich bin, wie
unerreichbar alle Eigentlichen sind und wie schade es wäre, wenn
sich daran nichts ändern würde. hoffentlich ist das nicht der
anfang einer tagelangen, zermürbenden schlaflosigkeit. "ich
kann nicht schlafen, weil ich denke, die ganze zeit etwas tun zu
müssen, das mein leben entscheidend beeinflusst. Was nkönnte das
nur sein? ich habe das bedürfnis, etwas erschütterndes zu tun,
etwas das alles verdreht. ich möchte, dass dies einer der
alles-entscheidenden momente meines lebens ist." wie ein kleines
kind zupfe ich der mutter am rockzipfel, während die
jahreswechel-maschine träge vor sich hinrattert, tanze ich zu
schöner musik und frage mich, für wen ich schreibe... jetzt beim
abschreiben des gedankens schäme ich mich für seine banalität, so
als wäre es meine eigene. meine texte ähneln sich alle, so wie die
tage der leute, die ich verachte. "das ist meine chance!",
nehme ich lachend die hand des lesers entgegen. ich bin dir so
dankbar, dass du dich zu mir setzt. ich kann dich beruhigen: meine
bedürfnisse sind ganz simpel... lass dich so lang auf mich ein wie
du lust hast... gib mir einen platz in deinem leben... selbst wenn du
mich in die abstellkammer stellst... irgendwas muss ja auch da rein –
ich bin gern irgendwo - und irgendwann hast du verwendung für mich,
irgendwann willst du mit mir einen kaffee trinken oder ein lied
machen oder ein kind adoptieren... ich bin offen für dich, wenn du
offen für mich bist... das ist alles, was ich hinter meinem kalten
gesicht und meiner lederjacke verberge, „aber komm ruhig erstmal
an...“, küsst dich eine liebe tante und serviert dir einen
kamillientee. keine angst, dass ich dich in eine richtung drängen
will, dass ich etwas von dir erwarte... ich bin einfach hier und du
bist da, also lass uns doch schauen, was daraus werden kann, gib uns
eine chance, „wer immer wir auch sind“ - vielleicht ist das hier
eine begegnung, die uns etwas bringt, so wie andere begegnungen uns
schon dinge gegeben haben... oder wir verlieren dank unserer
begegnung etwas. sei einfach wie du bist mit mir wie ich bin ... -
schreibend,
sprechend und handelnd manifestiert man eine idee von sich selbst.
indem man ist wie man ist, macht man werbung für das, was einen so
werden ließ und für die idee, die man von sich hat. jeder möchte
prägen und muss geprägt werden, wenn er etwas sein will. der
gedanke an autarkie hat etwas erniedrigendes. der künstler
kommuniziert seine idee von sich und der welt, an der sich andere
menschen orientieren können. gleichzeitig kommuniziert er mit sich
selbst, indem er im namen seines werkes den mund weit aufreißt oder
sich zumindest ein sympathisches gesicht aufsetzt, oder ich tanze
allein mit der schlafzimmerwand. indem ich zulasse, dass mein
schreiben mein leben abzubilden versucht, will ich, dass sich andere
leute davon ein paar scheiben abschneiden, soviel sie wollen – oder
zumindest eine ahnung bekommen, was das für eine einsamkeit ist, die
mich von der welt abschottet...noch fühle ich mich fanatisch genug,
um einen finger für das projekt „karriere“ krumm zu machen...
will heißen: noch lassen mich die psychoaktiven substanzen –
namentlich koffein und thc - nicht im stich... noch empfinde ich
meine lächerlichkeit nicht als einwand....
"the soft
parade"; das lied zum jahreswechsel, tanzend vor der schwarzen
schlafzimmerwand denke ich nach, was ich als künstler können
will... oder darf ich mich von diesem willen befreien? ich bin nicht
auf geld aus, ich will auswirkungen haben, ich will aber nichts
weiter festtreten von dem, was heute festgetreten wird. lassen wir es
zu, dass die massen derart in die knie gehen und verbocken? dagegen:
unseren geschmack durchsetzen, unsere ich-losigkeit, die freiheit von
jeder kette, jedem ideal - um dafür zu sorgen, dass wir möglich
bleiben, dass wir uns nicht verbacken. aber gemeinsam versagen, das
fände ich sehr romantisch. - euphorisches stürzen und wenigstens
einen hässlichen krater hinterlassen? lustig ist es, wie mich all
die vielen möglichkeiten, mein leben mit tatsachen zu vermasseln,
nerven. zum glück kann ich mich nicht wirklich entspannen, sonst
hätte ich keinen grund mehr, mich zu irgendeiner karriere
aufzuraffen. der gedanke, dass ich mein ego für seine mechanik und
beschränktheit verachte, aber nur mit seiner hilfe von ihm loskomme,
ist gerade derart aufdringlich, dass ich ihn nur mit einem
verkrampften "was willst du denn jetzt"-gesicht von mir
wegrempeln kann....
noch nichtmal
1uhr und schon hat sich dieses 200.000-seelen-dorf wieder beruhigt.
ich höre mein best-of-mixtape von 2014, "silvester ist ein
stachelschwein". ich würde gern schreien "ja! ich hab den
witz verstanden!", aber das würde dann wohl den witz kaputt
machen... wenn du den witz des lebens verstanden hast, (so einen satz
kann man nur sich selbst sagen) kannst du eigentlich nur beschämt
zur seite sacken, während in deinem zimmer eine bunte, laute party
in zeitlupe irgendeiner hinterhof-behaglichkeit ein denkmal setzt,
meine freunde sind alle so schön und freundlich und haben niemanden,
an den sie sich wenden können, in diesen kälter und dunkler
werdenden zeiten, und wie ein letztes blatt am baum hängt meine
hoffnung, dass ich es mal zu etwas bringen werde. was peter gabriel
und tom waits und morrissey mit ihren liedern darstellen, genau diese
haltung, dieses spielen, dieses predigen, dieses experimentieren....
werbung für stimmungen machen, für charakterzüge. das spiel mit
der identität. "du musst dich nicht festlegen"... die lust
am ungenauen, ernst und euphorie, cannabis als mittel zum
dissoziieren... die befreiung vom schicksal eines egos, ein dunkler,
elektrisch verzerrter sumpf. und morgen ein aufgeräumtes,
halbherziges spd-lächeln. ACH ich will da nicht rein.... du weißt
doch was ich meine! du weißt es genau... ich bin viel zu voll, viel
zu amorph, um mich auf irgendeine seite zu schlagen... es muss doch
möglich sein, eine skeptische diktatur zu entwickeln, totalitärer,
authoritärer zweifel... du darfst nicht glauben, du darfst nicht
arbeiten, ich will gemütlich mit dir etwas bauen und dann schmusig
und plüschig einschlafen, niemals weiterwissen, das leben
leertropfen lassen, heute könnte der tag sein, an dessen ende ich
mich töte, heute könnte der tag sein, in dessen mitte ich dir
begegne...
ich rede
ständig von dem, was mir hier draußen passiert - oder was mir eben
nicht passiert. wie ich an euch allen vorbeischleiche. ein paar
bücher hinterlassend und mir eine musikgruppe wünschend, fühle ich
mich wie ein alter mann, der nackte kinder im hinterhof beobachtet.
langsam könnte eine schöne bunte band wachsen, anne hat mich vorhin
etwas ernüchtert, als sie sagte "das wünschst du dir ja jedes
jahr". ach dann ist es eben immer noch so. 19min nach um eins
und die stadt ist wieder total still und ich bin wieder vollständig
allein. schade, dass schildi zur zeit keine lust hat vorbeizukommen.
vielleicht war ich irgendwie aufdringlich.
"kommen
wir alle mal runter" ist seit jahren die essenz all dessen was
ich schreibe. naja, vielleicht auch sowas wie "lasst es halt
bleiben und kackt in die maschine". ich würde jetzt mal nickend
hoffen, dass ich mir nicht irgendwo den kopf aufschlage. die leute
die nicht funktionieren brauchen eine stimme, denn ihr
nicht-funktionieren relativiert jeden glauben, jede hoffnung an
dieses komplexe, alles-verschlingende wirtschaftssystem. wir alle
stecken in einer maschine drin, manche auf dem abstellgleis, manche
im kesselraum. tausende vorschriften, tausende begrenzungen und so
vieles was fehlt. sich arrangieren oder sich nach alternativen
umschauen. lauf nicht weiter, setz dich einfach hin und genieße den
sonnenuntergang oder schmiede einen fürchterlichen racheplan oder
behaupte deinen platz mit wütendem jazz oder noise, irgendwo musst
du sein, irgendwas musst du tun. // auch ein meditatives leben muss
möglich sein, auch ein leben das man aus den augen verloren hat muss
möglich sein. die suche nach halt in einer welt, von der man sich
jeden tag mehr distanziert, der raum reduziert sich des effektes
wegen für einen moment auf den punkt des fragezeichens am ende des
satzes? kunst ist medizin, um dich von dir selbst zu distanzieren, um
dich verändern zu können. oder kunst sediert oder rührt
hoffnungslosen menschenbrei um, damit nichts anbrennt. welche signale
willst du senden? zeig uns, wie man leben und denken und fühlen
kann... mach uns einfach irgendwas vor, wir wissen dass du nicht
erwartest, dass man dir alles glaubt und alles nachmacht.... stürze
dich in ein schicksal, mach etwas interessantes aus deinem leben...
und wenn es nur ein verklemmter sprung in einen bodenlosen überdruss
ist... oder vielleicht das aufschlagen auf irgendeinen harten boden,
den du nicht bezweifeln kannst... etwas fleisch, etwas blut … oder
ein alleszerreißender schrei unter der bettdecke...
irgendjemand
steckt dir in einer düsteren karnevalnacht ein lied ins sacko, eine
neue blume für deinen garten, wenn wir dich interessieren, dann lies
doch mal ein interview mit uns. wir sind die, die sich zu ernst
nehmen und sich deswegen zurückziehen, so wie schulmädchen sich mit
seilspringen von furchtbaren erinnerungen ablenken, ganz genau so,
mit dem selben gesicht, mit der selben grauen hoffnung. bestimmte
dinge müssen gesagt werden, bestimmte leute müssen sich mehr
zutrauen. ich erzähle dir irgendwas, während du auf einer
gepolsterten kellerparty versuchst, dich von der musik anstecken zu
lassen, aber es klappt nicht, irgendwas zieht dich zurück und genau
das ist deine chance, du bist zwischen allem, du bist keiner der
leute hier im raum, du denkst keinen gedanken der hier gedacht wird,
du läufst auf etwas ganz anderes hinaus... genau diese hoffnung
schenke ich dir, diese hoffnung soll blühen und strahlend dich
verführen, denn du gehörst niemandem, du wurdest viel zu lang nicht
mehr richtig geküsst, das ist das ganze dilemma. und die ständige
angst, leer, kalt, stumpfsinnig, tot zu sein.
mit freunden in
einem bunten garten sitzen. sich verbünden mit den zerlumpten,
schlafgestörten, hilflosen der welt... organisierte
überempfindlich-keit... ich liebe leute deren lächeln mir sagt:
"wollen wir uns verbünden?" - ohne festes ich kann ich in
alle rollen schlüpfen. ich setze mir schreibend masken auf, um für
dinge, zustände, gefühle, gedanken die werbetrommel zu rühren.
verherrlichung von emotionen, verherrlichung von taten. jetzt kommt
es mir so dumm vor, über die funktion der kunst nachzudenken. oder
bin ich ein halber künstler, der auf metaebenen vertrocknen muss,
weil er gar kein fleisch hat. ein halber geist, gar nicht wirklich
hier, eine droge die nur von lauter musik verherrlicht werden kann? -
fanatisch in alle möglichen richtungen, dann wieder halt machen,
nirgends versacken, immer wieder auf anfang zurück. bedeutung
stecken mir leute ins knopfloch, die über das, was ich mache, reden
und nachdenken. weil ich immer wieder vergesse, was ich hier soll, da
ich mich nirgends festhalte, muss ich immer wieder das selbe
erzählen, so wie ich mich immer an den selben dingen festhalte, wenn
ich im raum herumtorkel. schreibend stabilisiere ich mein taumeln,
verhindere ich, dass ich ganz den bezug zur welt verliere, und wieder
weiß ich nicht, warum man mir einen platz in der welt gewähren
sollte, was ich für eine funktion habe, ich will niemanden benutzen,
um meine sinnlosigkeit zu überwinden -> wer sowas sagt, wird
niemals kinder zeugen. und das lied im radio setzt meiner einsamkeit
ein schönes denkmal, das niemand sehen wird und ich glaube nicht,
dass ich grundlegende dinge falsch sehe oder verkehrt mache. ich
kehre diesen trockenen satz wie ofenasche vom fußboden und hau ihn
lustlos in diesen meta-eimer. ich ahne warum.... aber ich hab angst,
die ahnung zu einer erkenntnis zu degradieren.
ich fühle mich
wohl hier, das darf ich nicht vergessen. es fehlt eine bunte band,
mindestens 15 leute, jeder ganz für sich, keine hierarchie, musik
machen die eine befreiende, entspannende, skeptische oder aggressive
wirkung hat, einfach medizin kochen, die trösten, euphorisieren,
zerreißen oder stabilisieren kann. ---beschissene bands wie
revolverheld oder nickelback: haben die aufmerksamkeit, haben das
geld: und denken nicht mal im tiefsten drogenrausch darüber nach,
echte afrikanische folklore mit industrie-lärm zu kombinieren, oder
politische ambient-musik oder surreale zirkusmusik zu machen. oder
wenigstens eine interessante aussage in einem interview zu bringen.
sie haben „macht“ dazu, aber machen es nicht. ihre arroganz ist
reine boshaftigkeit, boshaftigkeit aus trotz, aus gewöhnung. innere
armut. wollen wir diese kalten, mittelmäßigen karrikaturen
mittelmäßiger menschen so lang im rampenlicht stehen und schwitzen
und verfetten sehen? müsst ihr sie unbedingt füttern? müsst ihr
immer so derart liberal sein? könnt ihr mit eurem musikgeschmack
nicht waffen schmieden zur verteidigung einer bunteren, wirklich
vielfältigen kultur, die nicht bedrückt ist von hauptströmungen,
von aufdringlichen schaumschlägern und kleinbürgerlichen zwergen
die so fürchterlich laut herumtrommeln und löcher in die eigene
magere substanz feixen und alle depremieren, die nicht völlig
abgestumpft sind? und jeder tag kommt mir verschwendet vor, an dem
ich nicht einflussreichen leute, die ich verabscheue, schaden
zugefügt habe... und die distanz zwischen mir und meinem leben muss
verschwinden... kann sie verschwinden? oder ist sie nur verschwunden,
wenn man nichts tut? nichts will? ich will etwas wollen, aber alles
was ich wollen kann, ist nur eine weitere gelegenheit theatralisch,
dumm, einfach nur dumm zu versacken im nichts, das ich hinter jedem
künstlerischen tun bin und bleibe. die musik steht lässig an der
bar und will mich auf einen drink einladen, aber ich kenn den laden
hier nicht so gut und erst recht will ich mir nicht das gehirn mit
alkohol verklemmen. ich möchte alles gern voll bewusst mitbekommen:
eine komische einstellung für jemand, der vorankommen will, oder?
wenn ich sage, ich will berühmt werden, heißt das nicht, ich will
auf die bühne, sondern ich will, dass die leute zu mir nach hause
wollen. das kann ich aber nur, wenn ich ab und an auf einer bühne
zeige, dass es mich gibt. ich will, dass sich leute bei mir melden
und mit mir musik machen. so unterschiedliche wie möglich. eine
interessante haltung zur welt reicht vollkommen aus, nicht jeder muss
so ein moralisches vakuum wie ich zwischen den schläfen knarren und
knacksen haben. und welche aufgabe werde ich in einer band haben? und
schon habe ich eine schlinge um den hals...dafür sorgen, dass sich
nichts verhärtet? alles muss fließen? die frage, was ich im
rampenlicht zu suchen habe, wartet auf die gleiche antwort wie die
frage, was ich überhaupt irgendwo zu suchen habe...die band würde
ohne mich viel besser klar kommen... ich habe nur meine komische,
sonore stimme und mein gesicht, das zu keinem gefühl passt, ein
lackaffe, an dem alles abzuprallen scheint, ein echt mieser
schauspieler, jemand der sich nach jedem cent bückt, jemand der zu
viel kaffee getrunken hat, niemand der sich mit einem beruf
anfreunden will, schon gar kein bandleader sein will, eine gute band
muss sich organisieren wie ein körper... aber meiner kann kein
bezugspunkt dafür sein...
achtung!
ideologien im anmarsch, sie wollen wie mücken an dein blut, reib
dich mit dem schlamm deiner tollsten launen ein, damit sie nicht an
dein blut kommen, damit sie deinen schweiß nicht riechen, pass auf,
dass du nirgendwo eingespannt wirst! bleib immer nur kurz zur rast
irgendwo hängen, formuliere geistesblitze, paranoia, schwermut,
sumpf genau so wie es dir passt, wie es dir passt, genau so soll das
buch aussehen, es darf nicht drücken, es muss sich locker tragen
lassen, es muss zu dir passen. also schreib alles auf, was du denken,
versuchen, hoffen kannst. steigere dich in all die subjektiven,
einseitigen, gierigen gefühle hinein, lass aber los, sobald du daran
glaubst - denn nur so bleibst du entspannt genug, du wirst schon
wissen, was zu tun ist, wenn du irgendwo eingeklemmt bist und jetzt
kommt mir der gedanke der freiheit, also des nicht-eingeklemmt-seins
selbst nur als ideal, als käfig vor. egal was ich tue, ich kann
nicht authentisch sein. alles nur ein so-tun-als-ob. dies ist der
meditative zustand, von dem ich vorhin geredet hab. von außen mag
ich jetzt zufrieden oder unzufrieden aussehen, aber innerlich bin ich
gleichgültig, da es keine ultimative instanz in mir gibt, die das
letzte wort hat. meine finger streifen durch die grashalme am
wegrand, wo ich meine tastatur bediene wie ein stummes klavier. meine
worte beschreiben, was ich als pianist ins piano tupfen, hacken,
streichen würde. könnt ihr dieses flattern über der welt
musikalisch umsetzen? dann könnt ihr mich auch zum krankenhaus
fahren (denn ich würde meine eltern gern schonen). dann könnt ihr
mir auch den babybrei geben. dann könnt ihr mit mir auch einen
hubschrauber aus lego bauen. dann könnt ihr mir mit den hausaufgaben
helfen, dann könnt ihr mit mir zusammenwohnen, dann könnt ihr mit
mir auf tour gehen. ich hab noch keine familie. ich hab noch keine
echte wirkung in der welt. das ist der lebensabschnitt vor meinem
durchbruch. "oder zusammenbruch", ergänze ich hochnäsig
wie ein freund, der zeitgleich mit mir eine stelle aus einem kultigen
trashfilm zitiert. ein leben ohne glaube muss möglich sein.
vielleicht küsst mich ja auch jemand, wenn ich nirgendwo hingehöre.
vielleicht ist es auch möglich, hier draußen glücklich zu werden.
neujahresabend
2015.
eben war ich
bei jemandem, um gras zu holen, aber er hatte keins. ich hab noch
etwas da, heute hab ich aber keine lust was zu nehmen. ich fühle
mich total gut und aufgeräumt, vielleicht sollte man silvester immer
allein sein, um ungestört fazit zu ziehen. mir ist - vorallem dank
der träume die ich derzeit habe - klar geworden, dass ich die welt
immer noch als das dorf betrachte, aus dem ich komme. Warum schreibe
ich nicht richtig? Schlürf nicht so! Setz dich gerade hin! Ok, mach
ich! In meinen Träumen sind alle Orte, an denen ich bisher gewohnt
habe, ineinander verschmolzen. Meine alte Grundschule ist die Uni, an
der all meine Freunde sind, und die Uni ist die Grundschule, an der
wir immer noch Grundlegendes lernen, und alle lebenden Berühmtheiten
sind in der einen großen Stadt nebenan. Seit ich zu Weihnachten mit
meinen Eltern durch meine alte Heimat gefahren bin, fühle ich mich
viel integrierter in die Welt. Das ist immer noch die selbe, alte
Welt und ich bin der gleiche Mensch, der ich in meiner Kindheit war.
Ich vermisse die Abenteuer mit meinen Freunden, das Ausreizen von
Grenzen, das Tunnelgraben, das Nächtedurchmachen, die schöne
Ungewissheit der Zukunft, der Zauber eines taufrischen Bewusstseins.
Marihuana bringt nur die Erinnerung daran stärker zum Klingen, die
Konsequezen kann man nur alleine ziehen. Ich schaue mich in meiner
Wohnung um, eine gemütliche Unordnung, freundliche Afrobeat-Musik,
keiner meiner Freunde ist auf dem Weg hier her und wie ein Adler will
mein Vorsatz auffliegen, dieses Jahr konsequenter daran zu arbeiten,
in den Kulturbetrieb zu kommen. Die Leute kommen nicht zu mir, ich
muss sie ständig nerven, bis ich zu ihnen gehöre wie ein
Klassenclown. Ich werde viele kleine Bücher aus meinem
"Überdruck"-Wust schustern und generell noch viel
produktiver werden, bloß nicht abstumpfen oder selbstmitleidig
irgendeine oder alle Schuld auf das Fehlen richtiger Leute schieben.
Entweder ich mach die nötigen Schritte oder eben nicht.
Naja, und was
bin ich zuletzt? Das Zwischenprodukt von Konflikten meines
Unbewussten, die niemals zu einem stabilen Endzustand führen können.
Gedanken wollen
nach außen gebracht werden, sie wollen leben, existieren, eine
Wirkung in anderen Menschen, in der Welt überhaupt haben. Gedanken
nur denken macht sie und das Gehirn kaputt. Man muss sie raus lassen,
sich von ihnen distanzieren, man darf nicht alles glauben, was man
denkt, was man denken will. - Man schreibt ja nur die Gedanken auf,
die man nicht genießen kann, die man vielleicht missversteht, wenn
man sie für sich behält.