25 März 2015

25.3.- Ein Klotz!!!!!


25. März
Lineare Geschichte. Kein Handlungsrahmen, nur eine Folge von Ereignissen. Ich besuche eine Zirkusshow, nasser November, geheimnisvolles Plakat, Max kommt auch vorbei, wir hören, es wären gefräßige Kakerlaken im Keller, die KInder haben schon Angst. In einem Raum sinniert jemand über Drogen, mit großen pinken Plüschaugen, er sitzt auf einem Schaukelstuhl, in einem Wasserglas. Ein alter Mann zieht das Fazit des Tages... wie alle Balladen nur Fazits des Tages sind. Ein Schiff geht unter, nur der Pianist sitzt für einen Untergangssong noch da wie auf einer schmelzenden Sahnetorte. Ein Freundschaftskreis zerbricht, während im Fernsehen dieser Song mit dem Video in dem Schiff gezeigt wird, .. er zerbricht weil alle woanders hinziehen, Heimat zerbricht. Ich bin wieder alleine. Mit mir im Raum eine russische Folkband, den letzten feuchten Schmatzer, bevor ich wieder aufwache. Wir werden durch einen Zirkus gebracht, in dem grad geübt wird, der Himmel ballt sich zu einer violetten Faust zusammen, ab in die Schlacht! Die Meute formiert sich. Ein Zeichentrick-Leguan-Detektiv dreht in einer Seitenstraße einen Werbespot. "Ich bin 24h für dich da, ruf jederzeit an, ich hab immer das richtige". Es gibt nur einen griesgrämigen alten Polizisten im Dorf, aber er ist wahnsinnig, er sitzt im Regen in einem Wäschekorb und schneidet sich die Fußzehen, hinter seinem irren Wahnsinn versteckt sich ein irres Wissen, aber die Gefahr wäre zu groß, dass der Wahnsinn alles kaputt macht, der Drache behütet die Schatztruhe. Opa sitzt im Frühling in einem wunderweichen Kirschblüten-Park, füttert im orangen Sonnenuntergang die Tauben. Er weiß, zum letzten Mal. Die Plattenseite wird gewechselt.
Es wird dunkel. Er sinniert über den Verfall, die unerreichbare Liebe, dürftige Kompromisse, wir werden es alle nicht mehr lang mitmachen hier! Niemand hat irgendetwas mit uns vor! Wir sind hier in der Welt gekettet, bis wir ins Nichts gekettet sind. Eine Krähe wühlt in einem Totenschädel, eine brennende Mülltonne, ich stoße sie den Abhang runter, niemand interessiert sich mehr für irgendwas, nur noch für Extreme -> Definition von Abstumpfung. Die Kanäle werden enger. Lang geht das nicht mehr... Ein Alter stellt seinen Sohn vor, der gerade seinen Sohn beim Kiffen erwischt hat und damit prahlt, dass es ihm egal ist, denn er ist für seinen Ruin selbst verantwortlich, "irgendwann kommt die traurige Stunde, an denen ihr feststellt, dass eure Kinder Gras geraucht haben, wo sie hätten im matheunterricht sitzen sollen bei mir, aber sie haben versagt, aber es muss wissen was er tut" Ist das Captain Beefheart der den alten Mann spielt? :-) Ein Mann auf meinem Hinterhof will mir ein schlechtes Gewissen machen wie Tom Waits in "Who Are You"... Er hat tränen in den augen und er versucht mir händegringend etwas zu erklären, es hat irgendwas damit zu tun, dass ich meine Jugend verschwendet habe, dass ich wesentlich abgestumpft bin, dass ich keine großen Gefühle mehr habe, alles nur Nervenlichter, kein richtiges Gewitter. Ein Leben auf Distanz, hinter der Fensterscheibe, bloß weil es regnet. Warum nicht in den Regen rein? Es wird nie mehr so sein... Ich hasse mich für meine Unfähigkeit, darüber zu weinen. Ich muss die Unfähigkeit knacken, wenn ich mich nicht weiter bemitleiden will. Diesen Text niemals veröffentlichen. Ich schreibe über das Thema "Ich", weil es mir auch jenseits meines möglichen Ruhm wichtig wäre, darüber etwas zu erfahren.Ich schreibe um das, was ich mit einer Gemeinschaft haben will, die Musik und die offenen Kanäle und Möglichkeiten, das große rotgemauerte Wort Möglichkeit, davon geht alles aus... all das alleine ist nur die Vorstufe oder ein letzter trauriger Abschied von dem bunten Feld Leben, das so viel für dich vorbereitet hat. Aber es hätte nur gemeinsam Sinn gemacht. Was für ein peinlicher letzter Satz für ein Testament. Nein, ich häng mich doch nicht auf. Ich muss nur die Dramatik anziehen. Das wird der letzte Satz sein, bevor ich etwas wirklich Böses tue. Nichts Virtuelles mehr. Ich habe seit kurzem intensive Träume davo, wie ich bei meinen Eltern total ausraste, in meiner Schulzeit noch, unheimlich intensiv. Intensiver vielleicht als ich wirklich empfinden würde... vielleicht unter Gras. Wo soll ich also heute nacht hin? Max nimmt mich auf. Er ist auch bald mit der Schule fertig. Dann fangen wir an eine Band zu machen. Wir sind Anfang 20. Da kann man ja mal was anfangen. Die Melancholie am Ende einer Epoche verdient bessere Musik. Jeder Tag kann existentiell werden. Wenn er nicht als existentiell wahrgenommen wird, ist er um so existentieller, aber pss! Wir müssen den anderen ja nichts sagen... Lass sie weiter auf die grüne Glühbirne starren und Substanz abbauen. Wir holen das beste aus unserer Substanz heraus, wir sind nicht so schamlos wie die Glühbirne. Ach glotz mich nicht so an, ich hör schon auf. Nebel, Mondsichel, Akkordeon. Der schon wieder. Ich kicke eine Katze über die Hecke und rauche meinen Isolite, nein ich roll ihn nicht zu einem Joint zusammen, zwinker. Niemand hier unten hört mich. Vielleicht ist es gerade authentisch, wenn ich nicht berühmt bin, da ich dann für die schreibe, die so klein und erbärmlich sind wie ich... Hatte ich glaub ich auch schon... Ach, vielleicht ist hier unten einfach nichts mehr los. Da am Horizont wartet eine Sehnsucht, aber vielleicht verwirklicht sie sich ja gar nicht... Vielleicht werde ich bald nicht mehr viel wollen und hoffen können... Um so dringender muss ich Rabatz machen. Ich hasse reiche Musiker, sie sind so weit entfernt von dem Leben dass ich führe. Hab ich das nicht auch schonmal geschrieben? Als ich sagte... hihi ich will mit meiner Selbstwiedersprüchlichkeit berühmt werden.... LAUT! Eigentlich bin ich nur ein dicker Junge, der LAUT sein will, aber lang nicht mehr laut war oder sogar noch nie? Wer weiß... Denn zu schrien passt nicht zu ihm, deswegen schreibt er Bücher, aber hier, an dieser Stelle kann man sehen, dass er sich bewusst ist, dass er darüber schreibt, sich auf das echte Schreien, den schten Ausbruch von Leben vorzubereiten. Holterdipolter. Es gibt zu wenig Leute, die sowas wie Tom Waits machen. Ich würde auch eine deutsche Kopie von Tom Waits gut finden. Es ist immer noch originell, wenn man originelle Musik persifliert. Vielleicht entwickelt sich die Tom Waits Parodie selbstständig weiter und kann später sagen: "Früher haben wir als Tom-Waits-Imitaten angefangen, zu uns zu finden. Erst muss man was nachmachen, um mit dem Material vertraut zu werden, dem Material dass sich durch Dekaden hindurch verändert. Jetzt ist die Dekade zwischen den "durch"s geflogen wie eine Fliege im Raum." Wir müssen noch mehr imitieren... Also ich imitiere Emil Cioran und einen Nietzsche der von Bukowski auf dem Teppich gehalten wird. Die Einflüsse vermischen sich immer besser, sodass sie nicht mehr identifizierbar sind. Jeder Autor mischt seine Einflüsse zu einem individuellen Stil. Es geschieht nicht unbewusst, denn er korrigiert ja immer das, was aus Gewohnheit hinaus will, und der neue Maßstab ist der Einfluss. Es gibt keinen Originellen. Es gibt nur Leute, denen man nicht gleich ansieht, dass sie nur imitieren. Ich glaube, jeder kann sich Originell scheinen lassen, wenn er zwei unpassende Originale in einen Topf wirft und als sein Genie wie einen Revolver aus der Hose zieht. Außerdem ist es wohl möglich, zu versuchen jemanden zu imitieren, während man berauscht ist. Die beste Wahl des Rausches kann das Genie ausmachen. Vielleicht Leute imitieren, die nie diese Droge konsumiert haben. "Wie Bach auf LSD" Wenn man als erstes Musik an diese Idee anpasst, wird man von Musikjournalisten beschrieben mit der originellen Metapher "wie bauch auf lsd". Je origineller die Metaphern im Review, desto origineller das Album. Jeder muss irgendwie sein Ich zusammenbacken. Ich muss was seltsames machen, dann beschäftigen sich Leute mit mir. Ich hab ja immer noch keinen festen Freundeskreis, ich werde da nicht aktiv einschreiten, aber er ist immer noch nicht da... Los Leute, ich hab um 7 einen Termin. Alles noch nicht da. Ich kann und muss mich nicht konzentrieren, dass ist die Tragik: ich bin mir dessen bewusst. Ich sehe bewusst zu, wie mein Leben zusammenbricht. Eigentlich hätte ich nur eine Bedeutung, wenn man meine Texte nach meinem Tod liest. Einer der vielen Außenseiter dieser Zeit. Wenn man sich für Außenseiter in der Literatur interessieren würde, würde man nicht so sehr das lesen, was angesagt ist. Es wäre ein Paradox, wenn ein Außenseiter-Autor Erfolg hat... Denn mit seinem Erfolg würde er sich von den ganzen erfolglosen Außenseitern entfernen. Ich bin nur einer von Euch, wenn ich arm und unsichtbar bin wie ihr. Aber dann würdet ihr mich gar nicht ehren, weil ich niemanden ehre... Etwas verzwickt. Mach ruhig eins weiter. Ja, hier ist wieder der Gedanke an das Extreme. Ich sitze wie ein alter Cowboy auf der Ranch, mit der Schrotflinte auf dem Schoß, einem Vaporizer in der Hand, und er fragt: "Was kann ich JETZ noch tun!?" Gleich kommen die Schmerzen wieder, wenn du dich nicht entscheidest... wer hat das grad zu mir gesagt? Was kann ich jetzt noch mit meinem Leben tun? Jetzt, da es so weit vorangeschritten ist in die Sackgasse. Ich versuche mit Spiegeln das Sonnenlicht umzulenken in die Menschenmasse, aber ich werde nur herausgetragen von gelangweilten Security-Onkel. Man wird sich nur an mich erinnern, wenn ich jemanden töte. Das ist ein Fakt. Hallo, ja ich bin hier unten im Buch. Ich weiß, was ich hier schreibe. Siehst du? Das hier ist die Vergangenheit, in der ich dir diese Worte hinterlasse... Ich klopfe mit diesem Text aus der Vergangenheit an die Zukunft an... Siehst du, wie sich das Blatt bewegt? Na? Hältst du es wirklich ruhig? Oder wackelt es ein paar Millimeter? Wenn du merkst, dass ich jetzt mit dir Kontakt aufgenommen habe, dann wackel mal mit dem Buch oder stupse halt den Monitor an, oder wenn dir jemand vorliest, dann stupse dir mal an die Nase, damit du mir zeigst, dass ich Kontakt mit dir aufgenommen habe, ja, das kannst du auch machen, wenn du das hier liest. Los! Also wenn du dir jetzt an die Nase stupst, dann bist du gerade an dieser Stelle und zeigst dir, dass du mit mir in Kontakt treten willst, wenn du dir nicht an die Nase greifst, steht die Verbindung noch nicht. Selbst ich hab mir jetzt die Nase gestupst. Also ich schreibe, um mit dir der du gerade hoffentlich angestupst wurdest von dir selbst, also dieser Stubser, das war natürlich ich, aber dafür musste ich eben deinen Finger benutzen, was blieb mir auch anders übrig? Und ich weiß, dass es auch möglich ist, dass du dir nicht die Nase gestubst hast. Ich wollte halt sagen, dass ich dich in deiner Welt beeinflussen will... Huhu, ich bin ein Buch. Wir sind Worte... Oder? Nein! Wir sind nicht mehr... Jemand hat uns auf diese Seite montiert und dir in die Hand gegeben, er hockt dort drüben über der Kreuzung hinter einem Gebüsch und kaut wie ein glücklicher Dieb an seinen Fingernägeln vor Freude, denn du stellst dir all das vor... Ich habe etwas in dir bedient. Ein neurologisches Detail. Du siehst jetzt ein bisschen besser, dass dies nur Worte sind... Du tust erstmal so, als würde ich die Worte so benutzen wie du, also ein Baum ist für mich genau der Baum der dort auf der Wiese steht... du schaust ihn dir an und siehst trotzdem einen Baum der ganz anders aussieht, nämlich so wie hinter diesem Vorhang, der gerade langsam aufgeht: -> ein Baum, präsentiert von einer sexy Krankenschwester auf einem Tablett. Ein schöner Marzipan-Baum. Das was du dir vorstellst, wird allein von Buchstaben ausgelöst. Wollen wir es mal soweit treiben, dass du keine Vorstellung mehr entwickeln kannst? Dass du also nichts mehr verstehst? Vielleicht könnte man aber auch das Nichtverstehen uminterpretieren als einzig provozierter Geistes-Zustand. Manche Menschen müssen verwirrt werden. Die Leute brauchen außerordentliche Erlebnisse, damit das anständige Leben in den üblichen Mustern nicht mehr attraktiv genug ist. Das ist die Aufgabe der Künstler. "Du kannst doch mehr aus deinem Leben machen als das", steckt in jedem guten Lied, es kommt darauf an, ob man es vor dem Aufstehen oder vor dem Zubettgehen hört. Musiker können sich eigentlich nur an jüngere wenden... "So ist es hier" ... Denn nur die jüngeren können sich entscheiden, etwas anderes zu werden... weil sie vorgewarnt wurden. Ein Älterer würde nur voller Reue den Warnungen der Jüngeren zuhören. Sowas muss man ihm ersparen, denn es lohnt sich für niemanden, wenn man traurige, alte Versager fertig macht. Manche Tiere müssen einfach im Schlamm versickern. Was hält uns noch am Leben? Eigentlich nur die Zukunft dort vorn. Du willst doch nicht hier bleiben? Nein oder? Das soll es sein? Ich weiß, du wisst das nicht... Also mach doch mal was neues. Oder? Auf was warten? "Jeder ist Gefangener seines Alters", lasse ich einen dicken Biersäufer sagen, um davon abzulenken, dass das mein Gedanke war. So ein dicker Bauch. Ja, ich muss die Batterien wechseln, damit ich wieder mehr ignorieren kann. Hier in der Fülle komm ich mir vor, als würde ich stillstehen. Bewegung ist nur mit einer Abschwächung geistiger Prozesse möglich. Wann kommen einem schon gute Gedanken bei körperlicher Anstrengung. Dort steht der Genuss der Körperlichkeit an erster Stelle, die Gedanken müssen sich dem unterordnen. Ich fast allen Liedern von Tom Waits regnet es, aber das Album "Real Gone" ist eine staubige Dürre, roter, rauher Wüstenblues mit Boom-Box. Wenn man politischer wird, kann man das Klavier auch mal weglassen. - Mir fällt gerade auf, wie desinteressiert ich bin an den Antworten, die Leute in meiner Situation vielleicht erhoffen. Ich erwarte wirklich gar nichts, weder Liebe noch Erfolg noch Glück noch ein langes, interessantes Leben. Ich kann nicht nach vorn schauen. Never Let Go. Wenn das hier eine Serie wäre, dann würde das jetzt das Finale einer Staffel sein, einer Ver-serie-ung meiner Karriere. Tom Waits hat viele Folgen-Abschlüsse untermalt. "Von wem willst du dir was sagen lassen?", sollte über jedem Plattenladen geschrieben sein. Der Komposthaufen muss Preise vergeben. "Der Goldene Maulwurf". Ein Staffelpreis, der jedes Jahr von dem Vorgänger verliehen wird, der neue Maulwurf ist das Kind des alten. "Der Goldene Maulwurf für das beste imaginäre Tages/Jahres-Finale". Oder "Das beste Lied gegen die Todesstrafe".. z.B: "Walk Away" von Tom Waits. Nach einem Fehler nochmal von vorn anfangen. Willst du dir von Leuten Gesetze aufschwatzen lassen, die dir einen Fehler nicht vergeben würden? Es ist gruselig, wenn Vater Staat seine Bevölkerung tötet, wenn bestimmte Regeln nicht eingehalten werden. Wie kann man Lust haben, so einem kalten Staat zu dienen? Es ist schade, dass nicht alle Menschen diesen Grusel empfinden wie ich. Ein strammer Mann wird sich an dieser Stelle rühmen, nicht diesen Grusel empfunden zu haben beim Gedanke, dass ein Vater seinen 30jährigen Sohn hinter der Scheune erschießt, weil er den Nachbarsjungen getötet hat. So einen Vater würde man verdächtigen... Aber den Staat würde man nicht verdächtigen, wenn er einen Menschen, der nicht spurt, tötet? Jedes Argument dagegen würde mich nur noch trauriger machen. Es ist unglaublich, wieviel wir uns gefallen lassen. Ein Satz für ein Plakat. Und darunter ein NPD-Logo. Ich hab grad das Gefühl, mir eine Ohrfeige geben zu müssen. Ein Tom-Waits-Lied leiser zu machen heißt, sich nicht in ihn reinversetzen zu wollen. Aber geh ruhig durch, du kannst es ja demnächst mal wieder versuchen. Es könnte eine Krankheit sein, wenn man den Ehrgeiz hat, ein verfilmenswertes Leben zu führen. Eine Krankheit, die sich der Mensch in der Küche des Showbiz eingefangen hat. Ohne diesen Schlamassel wäre das nicht passiert... "Woanders wärst du glücklicher" ist ein gutes oranges, fruchtiges Morgenlied. Nur noch Lieder schreiben, die den Menschen von der Arbeit abhalten soll oder für sie neue Aspekte an ihrer Arbeit erkennbar machen soll. Wer von Musik nur den Moment vertiefen lassen will, kommt ohne Text aus, weil der Moment für sich spricht. Jeder Text drängt den Zuhörer in eine Richtung. Der Texter wählt nur Musik dazu, wenn der Text nicht für sich sprechen kann. Deshalb überragt der Text die Musik, weil man sich die ehrgeizigen Glubschaugen des Vortragenden vorstellt, wie er versucht an die Musik ranzukommen. Wenn er es nicht schafft, war er doch wenigstens im Mittelpunkt. Dann hat er was zu erzählen, wenn er mit seinen Freunden vom Konzert geht und den Tag Revue passieren lässt. - Wird jemand mal ein ernstgemeintes Lied über mich schreiben mit dem Text "er war ja noch so jung und hatte so viel vor, bemitleiden wir ihn noch ein bisschen für seine ungenutzten Fähigkeiten, singen wir noch ein bisschen, ich bin bis 19uhr gebucht, bis dahin kann ich alles geben", und dann kracht er nochmal heftig in die Tasten. Während die Kamera sich in den Himmel zurückzieht, erkennt man, dass es sich hier um die blumige sonnige Beerdigung handelt, bei der nur meine drei besten Freunde und ein mir unbekannter Freund meines Bruders anwesend sind. Wenn man mal alt ist, hat man keine Motivation mehr, ein schänes Leben zu führen, weil die Leute wegsterben, mit denen man das machen würde. Schlimm ist es eigentlich nur, wenn man jemandem wegstirbt. Wenn es niemanden gibt, der um uns weinen würde, ist es auch nicht schlimm zu gehen. Man weiß leider nie, ob noch jemand kommt oder nicht... Deshalb hält man den Kopf lächelnd oben. Es könnte schließlich jeden Tag etwas gutes passieren, und das will man doch nicht kaputt machen, indem man schlechte Voraussetzungen schafft. Ohne Musik schreiben ist wie Fliegenklatschen in einer leeren Garage. Ich will noch nicht wieder hier sein. Zeit für ein bisschen Ambient. Je stärker die Graswirkung desto besser, zumindest beim Schreiben. Ich denke mit diesen Gedankenprotokollen verfehle ich die Aufgabe des Buches. Ich sollte analytischer, lineaer schreiben. Es geht darum, was mit Gras möglich ist und darum, negative Folgen mit Schreiben zu verhindern oder abfedernd zu begleiten. Doch wohin sonst mit dem Gedanken-Blumenstrauß? Die alternierenden Eigenschaften des Gras nützen nur, wenn man etwas vorhat. Wenn du zufrieden bist, koppelt Gras dich in eine Metaebene ab, du verlierst den Moment, du benutzt nur seine Steigerungsernergie um woandershin zu kommen. Oder bist du nur ein Körper, der hin- und herschwabbt? Was würde ich machen, wenn ich nicht schreiben würde? Vielleicht nicht mehr als hin- und herzuschwabben. Ein Grund mehr, warum sich der Leser nicht mit mir identifizieren kann... Ich schreibe, er nicht. Alles schonmal dagewesen. Ein Autor wäre nur inspirierend, wenn er auf der selben Stufe steht wie wir. Es ist schwieriger, als unbekannter Autor einen unbekannten Autoren zu finden, als als bekannter Autor einen bekannten Autoren, mit dem man sich identifizieren kann. Sonst schaut man immer entweder nach unten oder nach oben. Das ist fast ein zu hartes Ende. Ich möchte mit einem guten Bild aufhören und krame nach Musik dafür. Was denken die Background-Sängerinnen von Bob Dylan über ihn und über sich? Wem will ich gefallen? Mach ich dieses Textende für mich? Nein, ich versuch was interessantes zu schreiben und warte, bis es die richtigen Leute lesen. Viele meiner Fragezeichen wirken wie Stinkefinger. Jeder verdient eine Bühne, der etwas klarstellen will... Es muss keine große Sache sein... Es reicht auch ein "Ich, weiß, dass ich lieblos wirke, aber ich liebe dich wirklich, Peterchen, aus der Wiesenstraße 13 in 87777 Bielheim". Jeder muss manchmal auf der großen Bühne etwas klarstellen. Ich schaue meine Hände an und sag mir: "So viele Menschen, die ihr auf dem Gewissen haben könntet!" Welche sentimentale Hintergrundmusik hält mich immer vom Mord ab? Ist es mein Ich? Meine Angst? Meine Schwäche? Meine Feigheit? Oder gibt es einfach noch nicht genug Gründe? Könnte ich alt sein ohne zu bereuen, niemanden getötet zu haben? Was nützt es uns, ohne Reue zu sterben? Nichts. Dann kann man auch Dinge bereuen, oder? Ich glaube, das ist der bessere Satz fürs Ende des Textes. Oder wollt ihr von meinen Mordphantasien lesen? Vielleicht hab ich gar nicht viel mehr mitzuteilen. Ist das ein neuer Gedanke? Ich habe noch Apfelmus und Haferflocken. Die kleckse ich gleich ineinander. Wenn sie gut schmecken, bin ich satt. Auf dem Weg dahin bemerke ich die Notwendigkeit einer Katastrophe, zu meinem Unglück (da ich Schriftsteller bin) muss es eine heftige oder wenigstens originelle Katastrophe sein. Die Künstler sind dazu verdammt, etwas interessantes aus ihrem Leben zu machen, sonst sind sie nicht mehr als Dekoration. Nur weil ich keine Deko sein will, muss Deko nicht schlecht sein. Aber in einer Welt wie dieser bin ich kein Deko. Vielleicht wünsche ich mir eine Welt, inder ich Deko sein kann... Vielleicht würde ich in dieser Welt so sein wollen wie die, die ich jetzt verachte. Vielleicht finde ich nur noch in Opposition Lust an mir und dem Leben, wo ich schonmal verstanden habe, dass alles was man tut nur eine Rolle ist. Wer versteht, dass die Stadt ein riesiges Theater ist, hat weniger Hemmung, etwas Lauter oder Schäbiger oder Schöner oder Witziger zu sein als der Rest. Nicht zu reden von denen, die die Fresse weit aufreißen, weil sie genau so mittelmäßig sind wie die Anderen, nur eben zur rechten Zeit des rechte Wort gesagt haben. "Lass es uns versuchen!" - Der Ausschuss ist entweder zu früh oder zu spät oder zu selbstunsicher oder schlichtweg zu unsympathisch oder sogar den Gelangweilten zu langweilig, dem Fouilleton zu gewöhnlich. Ist jemand besonders, wenn er versucht, etwas besonderes zu sein? Oder nur, wenn er zufällig, vielleicht sogar gegen seinen Willen etwas besonderes ist? Ich klinge wie ein Teenager, aber es muss gefragt werden. Vielleicht ist es eine Lüge, wenn ich versuche, etwas Besonderes zu tun? Ist es schlimm, wenn ich etwas erkrampfe, das nicht da ist? Ist es schlimm, ein Kind zu zeugen, wenn man ein Kind haben will? Jeder tut etwas, um etwas zu erreichen. Das hat Vor- und Nachteile. Es werden zu wenig Lieder geschrieben, die beschreiben, wie man von einer nervigen Jugend-Kulturveranstaltung in der kalten Nacht heim geht. Vergiftet von Alkohol und Hoffnung. Zum Glück fühlt sich die Melancholie gut an, sonst würde man sich ja ändern. Es muss Musik geben die sagt "Es ist gut so" und "So geht es wirklich nicht weiter". Manchmal sind Nouancen und Zwischentöne nervig, weil sie höchstens ambivalent machen oder einfach nur kurz rühren. Manchmal braucht es einen Hammer auf den Tisch, wenn die Faust nicht mehr funktioniert. Also was war das jetzt wieder? Element of Crime sind wirklich nicht mehr als gute Volksmusik, Florian Silbereisen mit Depressionen. Das Weltbild von Sven Regner nervt. Er gefällt sich in seiner biederen Ratlosigkeit. Lehramt-Studenten, die erproben wollen, ob sie noch was für bodenständige, "ehrliche" Poesie übrig haben, hören Element of Crime. Immer noch kein Apfelmus und Haferflocken. Jetzt aber. - Jeder Autor teilt nur mit, was er nicht kann. Die einen sind dabei ehrgeiziger als die anderen. Dieser Text soll Bestandteil eines Aufbruchs sein. Jetzt unbedingt Haare waschen, nachher ist Gruppe, war die letzten beiden Male schon nicht. Seit einer Woche habe ich ein Klavier, aber bin jetzt zu müde um zu spielen. Früh halb acht. Ich muss an dem Blutpumper-Buch weitermachen. Manchmal verkrampft man sich, wenn man spürt, dass man an einer existentiellen Sache arbeitet. Manchmal ist man aber auch zu entspannt, um überhaupt noch an etwas Existentiellem Teil zu haben. Das ist doch alles nur eine Vorstufe? Wieder ist dieses Gefühl da, etwas Dramatisch tun zu müssen... Werde ich diesmal die Gelegenheit wahrnehmen? Entweder ich bereite einen Zusammenbruch vor oder reflektiere schon über einen. Den Zustand einer Gesellschaft erkennt man daran, welche Musik populär ist. Was sagt es darüber aus, dass Tom Waits nicht so viel Erfolg hat wie ihn Modern Talking hatten? Ich finde es ekelhaft, diesen Bandnamen auszuschreiben. Aber ihr müsst wissen, worauf ich hinaus will. Bestimmte Musiker bekämpfen zu wollen ist genau so politisch wie sie zu unterstützen. Was können die Leute noch ernst nehmen? Ich wäre gern der Drahtzieher hinter einem Ereignis wie die Terroranschläge vom 11.9.2001. Die Gefühle, die man auslöst, die Leben, die man verändert, die Aufregung... Sowas ist doch ein Höhepunkt des Lebens... Sogar ein sehr fragwürdiger dazu... Das muss alles keinen Sinn ergeben, es reicht, wenn die Gefühle in Wallung kommen... Dafür ist man am Leben... Um sich in Wallung zu bringen und zu sterben... vielleicht fällt das Sterben leichter, wenn man sich nicht mehr in Wallung bringen kann... Vielleicht ist der Sinn des Lebens, die Lust an einem Sinn zu verlieren, so wie ein Text erst ein Text ist, wenn er keiner Idee mehr dient, sondern für sich selbst steht und ins Leere läuft oder sich selbst umkreist, sich selbst verdaut, weil die Worte es gerade anbieten, weil hier wieder eine andere Ebene ist. Ein Text der etwas aussagt, ist nur Beiwerk. Es geht um die Schönheit der Selbstverdauung. Seht, wie es sich auflöst. Jeder Buchstabe steht neben einem anderen, ab und an Leerstellen und i-Punkte und Striche wie diesen hier - und Satzzeichen.,'()!? Den Rest machst du. OHdbvfffdf9w8cc7. Was hab ich zu geben? Was müsste ich machen, um dir zu gefallen? Ich hätte gern eine Funktion hier unten, in diesem kalten, leeren Raum. Irgendwo muss ich meine Lust auf Zukunft herbekommen. Niemand hat gesagt, dass man diese Texte nicht ausmisten darf. So wie mein Leben nur eine Vorstufe ist, kann auch der Text noch eine Vorstufe sein. Lasst mich der erste Nobelpreisträger sein, der nur schreibt, um einen Nobelpreis zu bekommen, der es jedenfalls fest im Blick hat, oder vorgibt, es zu haben, jemand der sogar solche Sätze wie diesen hier schreibt. Irgendwann wird es einen Nobelpreis für jemanden geben, der bewusst darauf zugeschrieben hat. Warum sollte ich das nicht sein? Dann habt ihr später den Ärger nicht... Denn der spätere wird nicht so reflektiert sein... und wenn er noch besser und schöner reflektiert, dann übertreibt er es, ihr fallt dann auf einen Hochstapler rein. Niemand will den Preis so sehr wie ich. Genausosehr vielleicht, aber nicht mehr. "Dafür ist er aber nicht gedacht!", denkt sich der Alfred Nobel... oder er freut sich, weil ich schreibe, dass er mich kritisieren oder blöd finden würde. So wie ich sollte kein erwachsener Schriftsteller sein. Könnt ihr mir für mein Andersein etwas geben? Man kann sich nur von der Peinlichkeit einer Sache distanzieren, wenn man sie zuerst begeht. Sobald die Peinlichkeit nichts Neues oder Seltenes oder sonstwie Interessantes ist (weil sie z.B. besonders peinlich ist), ist sie nur noch nervig. Also ist jemand, der schreibt, um den Nobelpreis zu bekommen, nur dann interessant, wenn es wie ihn keinen Zweiten gibt. Kritik an mir würde ich nur zulassen, wenn es noch jemanden gibt, der einen Nobelpreis will, ohne ihn verdient zu haben. Sicher gibt es viele davon. Ich bin im Arsch. Ich dachte, der Gedanke geht in eine andere Richtung. Ich bin also nur einer von vielen Lahmärschen, die selbstreflektiert an ihrer Nobelpreiswürdigkeit arbeiten, ohne wirklich etwas Sinnvolles zu erschaffen. Alles nur eine beschissene Ego-Show. Die Angst vor Einsamkeit und Bedeutungslosigkeit. Das könnte der Refrain des Buches sein, inklusive dieses Satzes hier. Kurz nach Achtuhr. Sogeschrieben wirkt das Wort wie in einem Comic, ein Wecker in Form einer Acht mit Augen und Lackschuhen tanzt auf dem Nachttisch einen Mach-die-Augen-endlich-zu-Song. Immer wenn ich nach einer langen Schreibphase ins Bett krieche, komme ich mir vor als hätte ich über irgendetwas triumphiert. Das Baumhaus nimmt Gestalt an. Ich hab bald eine Alternative zur Schule ausgetüftelt. Ich glaube ich erinnere mich gerade an einen sehr alten Traum von mir, indem ich das hier schonmal wahrgenommen habe, ich schaue gerade in die Zukunft und man liest diese Stelle hier und im Hintergrund kommt "The Big Country" von den Talking Heads und es gibt niemanden, der all meine Sachen hier liest. Das hier ist alles nur für mich und es ist nicht das Schlechteste, was ich mit meiner Zeit hätte anfangen können. Vielleicht hat man es geschafft, wenn man sich zu einem heiteren Lied umbringen kann, mit einem Lächeln im Gesicht, als wäre das Leben nur eine nette kleine Anekdote, die ein alter Mann erzählt, den man bemitleidet und weil man nicht unhöflich sein will, lächelt man ihm zu, versucht - um nicht aufzufliegen - wirklich amüsiert zu sein... aber es klappt nicht. Zum Glück bemerkt der Alte das alles nicht. Er labert nur.


22 März 2015

22.3. - Zerrüttet



22.3.
Hab lang geschlafen. Bunte Träume. - Trinke einen Matetee, bin ziemlich verstimmt. Der Gedanke dass Schildi depressiv oder sogar tot ist bedrückt mich unheimlich. Ich schreibe ewig an einer sms mit der Bitte um ein kleines Lebenszeichen, "und wenn es nur ein Punkt ist". Ich kenne einige die zur Zeit depressiv oder psychotisch sind. Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll.

Viele meiner Texte (in diesem Buch oder in anderen) kommen mir so albern vor, diese Verklemmtheit, dieses kindische Pathos, diese aufgedrehte Hoffnung, das ganze selbstverliebte Metaphern-Schleudern. An vielen meiner Texte merke ich, wie hilflos ich bin, wie absurd überdreht, grundlos heiter. Total idiotisch. - Da ist nicht mehr als mein Wille, Aufmerksamkeit zu bekommen, aber viel zu geben habe ich nicht. Mein Stil, meine Metaphern haben nichts mit mir zu tun, ich bin immer noch ein dummes, schwächliches Kind, das höchstens, wenn es sich von Koffein oder Cannabis oder Ergin aufwiegeln lässt glaubt, der Welt etwas zu geben zu haben. Wenn ich wirklich was zu geben hätte, würden meine Freunde viel näher bei mir sein und wir hätten schon irgendwas Tolles mit uns gemacht. Nein, jeder sitzt im kalten, stinkigen Fett seiner eigenen ordinären Depression (das Ordinäre macht es natürlich noch schlimmer) und holt sich auf seine Verlassenheit und Ratlosigkeit und Zukunftsabwesenheit einen runter. Ich hasse die Arroganz der depressiven, schweigsamen Nichtsnutze. Sollen sie doch fröhlich und laut ihr Nichts, ihre Angst, ihre gescheiterte Adoleszenz in falschen, übertriebenen Metaphern durch den grauen Himmel peitschen, so wie ich es hier in meinem lauwarmen Kakao aus Verwirrung, Selbsthass und infantilem Trotz versuche. (Es fühlt sich an, als würde mein Trotzen mir Gehirnsubstanz abtragen... besonders das Areal, wo mein Bedürfnis nach Würde und Selbsterhaltung produziert wird)
Ich saß eben eine halbe Stunde im Bett und hab die schwarz-gestrichne Wand angeschaut. Ich weiß nicht, was ich ohne meine Freunde machen würde. Vielleicht wäre ich viel aggressiver. Ich weiß nicht, was ich machen kann, wenn meine Freunde Selbstmordgedanken haben. Am Ende kann ich ihnen nicht glaubhaft vermitteln, dass das Leben sich lohnt. Weil ich gar nichts vermitteln kann außer diese blöde, hässliche, halb-euphorische, halb-verklemmte Geschwätzigkeit selbst; sie ist alles, was mir das Gefühl gibt, kein frustrierter, unbrauchbarer, interessenloser Krüppel zu sein. Später werde ich sicher diese Zeilen lesen und denken, ich hab es wieder übertrieben oder ich will mit irgendeiner "krassen Klarsicht" kokettieren oder dass ich einfach nur ein bockiger Schreihals bin... Ich bin immer arrogant meiner Vergangenheit gegenüber... Ich will nicht glauben, wie ich gewesen bin, ich kann nur akzeptieren wie ich bin, weil ich Hoffnung habe, dass ich mal was werde... Vielleicht passt es da, dass ich alles hasse, was ich gewesen bin. Ich schreibe immer nur, um etwas hinter mir zu lassen. Ich will mich durch meine Gegenwart in meine Zukunft schreiben. Auf keinen Fall in irgendeiner Naivität oder Bockigkeit stehen bleiben, bloß nicht irgendeiner optimistischen Grundstimmung verfallen, bloß nicht überzeugt sein, dass ich Talent habe, dass ich einen Platz habe, dass ich etwas zur Welt beizutragen habe... Ich finde es so unangebracht, so peinlich, fast behindert, Hoffnung zu haben, irgendeinen Stil oder Geschmack zu haben, auf irgendwas hinzuarbeiten. Ich finde es eklig, dass es mir gefällt, von Leuten abhängig zu sein, ich finde es dumm, mich an meine Freunde zu klammern, ich finde es bösartig, sie für meinen erbärmlichen Größenwahn zu instrumentalisieren, ich bin ein widerlicher Egoist, ein einsames, feiges Schwein, das sich mit Worten aufbauscht, um über seine Erbärmlichkeit hinwegzutäuschen.

"Ich habe wirklich nichts zu geben. Ich kann dem Gedanke, dass du nicht mehr lange durchhaltst, nichts entgegensetzen. Ich kann nur mein halbtotes Gesicht in die Welt halten."

Vor ein paar Tagen dachte ich noch, mich gefunden zu haben, meinen Stil, mein künstlerisches Selbstverständnis, meine Aufgabe. jetzt kann ich nicht viel mehr als diesen kleinen Stich wahrnehmen, der hinter meinem rechten Auge sitzt und all meine Hoffnung und Klarheit verbiegt und verzerrt, die ich mir mit meinen Texten versucht habe aufzubauen.
Alles was ich noch sagen kann ist, dass ich mich vor meiner Hoffnung schäme, dass der Frühling irgendeine Besserung bringt.

10 März 2015

10. und 17.03.15


10.3. - :15Uhr
Accuradio: 70er/80er-Easy Listening
SomaFM: Earwaves.

15g-Prunkwinden-Kaltauszug mit 2 Korngläsern und Ingwer aufgekocht. Schmeckt nur nach Ingwer. Ein ganzer Liter. Immer wieder gefiltert und umgefüllt. Bisschen umständlich. Diesmal aber keine Körner essen. Sind noch in der anderen Flasche. Es muss nicht so stark wie beim letzten Mal sein. Ich vermisse Gras. Lieber ein bisschen Noise hören. Alles muss lauter werden, der Sonntag soll richtig schief hängen. hab fast eine Stunde gebraucht um die Flasche zu trinken. Ich will mit Christian im Garten sitzen. Das Haus macht komische Geräusche, als hätte es Schluckauf. Der Gedanke, dass es eine Welt gibt, stellt mein Gehirn in Frage. Fehler können immer passieren. Es wird kälter. Jeder Satz ist ein perfekter letzter Satz, wie frustrierend.



17.3.

Alles was ich denke, formt alles was ich denke. Na toll, warum steht ihr nicht einfach alle mal still da! :-) Ihr müsst diesen Satz langsam aussprechen und an mildes, graues, außerordentlich weiches Sonntagswetter denken, Tauben in der Luft, freundliche Gesichter vor dem HD- Sonnenuntergang. - Die Musik rührt den feuchten Pfeffer-Geschmack in meinem Mund herum und ich schau so wie ein Hundewelpe, der zum ersten mal durchgekrault wird. Meine Finger spiegeln sich in der Tastatur, die Tasten sind verschmierte Scheiben im Regen. Distanz zur Musik wahren! Sonst fühle ich mich gleich, als würde jemand Großes Böses auf mich zugetrampelt kommen. Ich muss ein bisschen Summen, damit die Angst, die wirklich nicht angebracht ist, verschwindet. Jede Musik wirkt so kalt und ernst. Distanz dazu! Ich stelle mir vor, wie ich als kleines Kind in diesem Zimmer sitze und unter ähnlichen Umständen diese Musik höre - diese Phantasie unterhält meine Wahrnehmung. Ohne diese Phantasie würde ich komplett in das Glücksrad meiner Selbst stürzen. Die Angst erschreckt zu werden. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Schreiben hilft, Dinge zu verarbeiten. Das muss nicht immer alles an eine Öffentlichkeit. Ich fühle mich wie ein Kind, das Lust hat, in bunten Klamotten durchs Heimatdorf zu laufen und alle zu einer schönen, unendlich langen Gartenparty am Rand des Lebens einzuladen. Manche Kinder streunen im Wald herum und finden Sachen, andere Kinder machen das nicht. Da hin oder da hin? Du entscheidest, ob du in den Wald gehst oder nicht. Also entweder geh in den Wald oder nicht. Eine Träne. Ich bin im Wald. Ich komm diesmal nicht zum Mittag rein. Die Tatsache, dass ich nicht feststeh, will mich weinen lassen, wie ein alter, sympathischer Gentleman im Supermarkt, der sagt: "Leg dich doch erstmal hier hin, wenn dir nicht gut ist." Ich habe keine Charakterzüge, an denen ich nicht arbeiten kann. Ich muss meine Affekte meinem Ich, besser: (an) meine(r) Ich-Losigkeit anpassen. Ich schreibe das in Klammern, weil ich gerade total erstaunt bin, dass ich nicht weiß, wie der Satz grammatikalisch korrekt ist. Und Paolo Conte meint, dass es gut ist, diesen Quatsch aus der Schule durcheinanderzubringen. Je mehr Menschen in die Schule gehen, desto geringer die Chance, dass es später originelle Künstler gibt. Der Schaden, den ein Schule zufügt, kann nichtmal durch ihren Nutzen ausgeglichen werden. Was bedeutet aufwiegen? Das es auf gleicher Ebene ist oder dass das schwerere Element das kleinere in die Höhe (r)aufgewogen wurde... Ich muss das nicht wissen. Guck mal, Mama! Der hat ein Loch in seinen Beruf gehauen... "Guck da nicht so hin, sonst glaubt er noch, dass er eine Bedeutung hat!" Und verschwunden ist was immer gerade auch Thema war.

Die zwei Gras-Flaschen knallen total, ich bin ganz distanziert, angespanntes Hirn, kräftiges Schwindelgefühl, nur leichte Übelkeit, ähnlich dem LSA-Höhepunkt. Ich bin klug, denn ich polstere mich mit heiterer, leichter Musik. Wenn ich mal ein paar Wochen nicht in diesem Buch schreibe, fühle ich mich bei der Rückkehr sehr viel weiser, denn die nicht-aufgeschriebenen neuen Gedanken können es kaum erwarten, Wirkungen zu zeigen wie Gremlins. Ohne dieses Schreiben würde ich abstürzen in den Rausch, ich würde nur Angst und Panik fühlen, meine Verwirrung würde mich zum Kotzen bringen oder mich einfach nur nach unten drücken wie man einen Hundewelpen ertränkt, obwohl niemand das erwarten würde. Ich finde es lustig, wie diese Worte Sinn ergeben, oder auch kein Sinn ergeben. Es sind Worte, die von so vielen Menschen verwendet werden. Auch das, was hinter ihnen ist... Es fällt mir total schwer, zu verstehen was ich meine, ich wollte sagen, dass ich nichts Verwerfliches mit diesen Worten mache. Ich kann mich gerade damit identifizieren, ein freundlicher lieber Junge zu sein, der sich um irgendetwas kümmert. Heute ist die Verwirrung und Vergesslichkeit ganz hoch, schrecklich hoch! Den letzten Satz muss man sich gesprochen von Alex aus Clockwerk Orange vorstellen. Der saftige schwarze Pfeffer-Schmerz hat sich ausgeblendet. Ich habe mit dem Pfeffer gegen die Panik aufgrund der extremen Offenheit der Kanäle zu steuern versucht und es hat geklappt. Die Formulierung des Satzes ist ein schönes, gelbes, leuchtendes Abenteuer an der Hauptstraße meiner Heimatstadt vor 25 Jahren. Schönheit kann es nur im Rückblick geben. Man kann unmöglich in eine Schönheit eintauchen, man kann sich im Rückblick nur wünschen, dass man in sie eingetaucht wäre. Diese Reue macht sentimental und die Sentimentalität lädt die Vergangenheit mit positiven Schwingungen auf und deshalb erscheint sie wert, erzählt zu werden. Als Erwachsner könnte man nur Schönheit empfinden, wenn man vergisst, dass man ein Erwachsener ist, doch man kann es nicht vergessen, man kann sich nur vorstellen, was man als Kind empfunden hätte. Cannabis könnte helfen kurzfristig "mit Leib und Seele" zu vergessen, dass man kein Kind mehr ist. Ich würde jetzt aus Kaltherzigkeit fast das "mehr" herausstreichen. Aber jetzt scheint es mir noch interessanter als eben. :-) War das jetzt lustig? Ich kann jedenfalls nicht einschätzen, ob aus mir mal was werden wird... Warum kann ich mich nicht damit abfinden? Ich leide wohl mehr an meiner Einsamkeit als ich zugeben will. Es ist nicht schlimm, wenn ich mich wiederhole. Wichtige Dinge können doch wiederholt werden, ich sehe da kein Problem... Wollt ihr denn wirklich, dass ich mich so anstrenge, eure süßen zuckerigen - ich will mit Fred irgendwo hinfahren - Erwartungen zu erfüllen? Ich will nicht böse klingen, aber es ist nicht ok, was ihr macht. Es ist keine Frage des Geschmacks, sondern die Frage ob man opportun ist oder dissident. Regierung und Opposition kann den selben Musikgeschmack haben, ohne Lust zu haben, ihre Ansichten aufzugeben. Sie sehen anders, obwohl sie auf der selben Welle der Empfindungen schwimmen. Also lehnt ihr alle wie mich ab...Damit hoffe ich nur, dass es jemanden gibt, der etwas mit mir anfangen kann. - Die Arroganz meines Ich, ... diese Arroganz pumpt mich mit Ehrgeiz auf, wenn ich mich nicht so wichtig nehmen würde, könnte ich ein Leben auf Rente führen mit Tee, Gras, Musik und Freunden. Dann bin ich nicht mehr als eine seelenlose Puppe. Möglich in einer Umgebung, in die man sich fallen lassen kann, aber nicht in einer Stadt wie dieser! Wenn man nicht im Einklang mit der Natur lebt, darf man auch den Ehrgeiz haben, die fehlende Natur mit Rausch und Hoffnung auszugleichen. Der Ruhm als Ersatz für Anerkennung in einem Freundeskreis, der mir alles gibt was ich brauche. Cioran bewertet die Hoffnung total anders als Nietzsche. Die beiden stehen im Türrahmen wie seltsame, kiffende Onkel auf einer grotesk-langweiligen Kindergeburtstagsparty. Hier in dieser Stadt hat Cioran mehr Gültigkeit, aber draußen im Wald und oben im Gebirge und auch auf dem Meer hat Nietzsche mehr Gültigkeit. Viele meiner Cioran-Parodien sind ganz vortrefflich gut. Sie drücken etwas Wahres in mir aus, nämlich das, was Cioran in mir hinterlassen hat, ob er wollte oder nicht. Charakterzüge entstehen, wenn man lang genug etwas parodiert. Natürlich benutze ich Cioran, um mein Bedürfnis nach Nüchternheit, nach Mutigsein, nach Trost zu befriedigen. Und wahrlich zufrieden streichle ich mir meinen Bauch. Ich würde niemals meine Kindheit wiederholen wollen, ich würde es nur nochmal neu versuchen wollen, mit dem Wissen, den Gefühlen, dem Ich, das ich jetzt hab. Ich glaube der Satz ist grammatikalisch unrein. Aber das ist nicht so schlimm wie "Ich glaube, hier sind Raptoren in diesem Parkhaus..." Ich lass es stehen, so wie ein Maler einen Klecks an der Wand lässt, er ist Teil einer Geschichte, es ist bald entscheidend, dass er den Klecks da gelassen hat. Denn es ist wichtig, dass sich Leute entfernen, die diesen Klecks unsympathisch finden. Wer wegen ein paar Tippfehler meint, ich wäre nicht wert, gelesen zu werden, der kann einfach nicht mein Freund sein. - Ich hätte jedenfalls nicht gedacht, dass das Gras (mit Watterfall Bong) so extrem doll reinhaut. Warnung: die Übelkeit steht der Empfindlichkeit für Musik im Weg, die allgemeine Ratlosigkeit, was ich als nächstes tun soll, macht mich müde. Ich sollte jeden Tag die selben wenigen Bewegungen machen, und irgendwann kommt vielleicht jemand vorbei, der meine Schwingung gebrauchen kann. Die Betäubung und grelle Müdigkeit machen dem Bewegungsdrang noch schlechtere Laune als er eh schon hat. Die Intensität ist beim Schreiben und Musikhören sehr stark, solang man nicht über das nachdenkt, worüber ich jetzt für diesen Satz nachdenke. Aber es ist keine Euphorie, eher eine kräftige Betäubungs-Achterbahn, die massierend durch die Stirn, die Schläfen und den Unterkeifer brettert. Es sind weiche Bretter, die anch Dachboden durften. Manchmal stoße ich mich an einem Wort wie ein Betrunkner an einem Dachbalken und meine Hände schreiben nicht Buchstaben, sie versuchen mir zu entkommen, sie fühlen sich beobachtet und wissen, dass sie nur schreiben, weil ich es will - aber vielleicht finden wir, indem wir diese Knöpfe drücken, zu dem Schalter, der uns von deinem Körper trennen kann, wenn wir ihn ein bisschen durch das Lesen dieses Satzes gedrückt lassen und jetzt plötzlich wieder den Finger davon wegnehmen, weil wir nicht einschätzen können, was wir gerade getan haben. Jeder Autor hat das Recht zu sagen: "Ich will, dass mein Ruhm meine Texte aufwertet." Ich habe nichts dagegen, wenn man meine Bücher als Bewerbungen um/für das Amt des Bundespräsidenten empfindet. Ich erschrecke über die Nachbarschaft und gleichzeitige körperliche Distanz zwischen mir und Schildi. Er wird mich einfach nicht so leiden können... Ich muss unglaublich anstrengend sein. - Ich hasse alles, was mich wie ein Grobian wirken lässt. - Die letzten Tage bringen mich Menschen immer mehr zum wundern und ich fühle mich schnell von Dingen bedroht oder beleidigt. Ich habe den Leuten, mit denen ich regelmäßig Umgang habe, einfach nichts interessantes zu sagen, und mit dem, was sie sagen, weiß ich auch nichts anzustellen und bald wird man mir Teilnahmslosigkeit und Kälte vorwerfen. Auch deswegen ist es gut, zu schreiben... Um nicht abzustumpfen in der Fülle der Möglichkeiten. Hinterlass uns etwas, wenn du schonmal dabei bist... Und was hast du noch so gefunden? ... Wenn man aus Kunst kein Geschäft machen würde, gäbe es viel mehr voneinander verschiedene Kunst. Ein Markt ebnet Möglichkeiten ein und verfestigt zufällige Moden, die ohne ihn gar nicht erst entstanden wären. - Es tut gut, das Schreibbedürfnis weggeschrieben zu haben. Was ist besser? Die Schöpfung oder das Geschaffene? Beide bedingen einander, also musst du dich nicht entscheiden. Schreibe, wenn du willst und schreibe nicht, wenn du nicht willst. Das, was nicht so wichtig/interessant/schön ist, sorgt dafür, dass sich das Wichtige, Interessante, Schöne entwickeln und entfalten kann. Später kannst du ja das Gerüst des Unwichtigen, Uninteressanten, Unschönen abbauen - da kann dir bestimmt jemand helfen. Oder du überlässt es zumindest in Teilen dem Leser. Meine leichte, aber nervige, aber nur leicht nervige Übelkeit rät mir etwas, was ich vergessen habe, hätte ich doch den Satz erst angefangen, nachdem ich den Rat abgespeichert habe. Film-Idee: jemand erfährt in so einem heftigen Cannabisrausch, dass heute morgen seine Mutter gestorben ist. Wenn Cannabis schon ein Alltagsgehirn aufpumpen kann, was kann es dann erst in Extremsituationen mit dem Gehirn machen!? Cannabis verschärft wie Schlaflosigkeit die metaphysischen Probleme, aber auch die Lösungen. Ich hoffe, ich schaffe es, die nächsten Tage nichts zu essen, ich fühle mich so ungesund. Die Winterdepression muss raus! Ich darf nicht mehr so viel sitzen, der Raum ist so klein und seine Wirkung auf mein Herz ist verwandt oder sogar identisch mit dem zarten, dumpfen Schmerz, den meine Daumnagelbett-Entzündung erzeugt. So pervers es ist, sich selbst die Daumen abzuhacken, so pervers ist es, in diesem Zimmer zu sitzen und diesen Satz zu schreiben. Alles was ich der Welt hinterlasse, kommt aus meiner Unfähigkeit, über meine Bedeutungslosigkeit und Einsamkeit zu weinen oder zu lachen. -