14 November 2015

Die Blume blüht und ich bin hier

Man rutscht lustig vom Sofa. Man verfolgt verschwommenen Blickes den nebensächlichen Alltag und gähnt Flüche. Ein paar verunglückte Romanzen irgendwo zwischengelagert, außerstande, in dieser Stadt Fuß zu fassen, wie auch in der Sprache nicht. Die Unfähigkeit, etwas als selbstverständlich hinzunehmen, hat etwas mit der Frage zu tun, wann der IS an Atomwaffen kommt oder ob das was mit dem Kuss wird, dem ich immer wieder ausweiche. Welche soziale Funktion kann ein Schriftsteller haben, der an nichts glauben will?

Das Internet haut es immer wieder raus, mein Handy hat einen Riss im Display und die Software darauf stürzt immer häufiger ab, ich hänge zwischen zwei gemütlichen Wohnungen, noch in einem kleinen Raum in einer Vierer-WG eingedrückt, kaum größer als meine Matratze, über mir tropft die Spüle, jemand hat Erde in unsere Badewanne geschüttet, die Ungewissheit des Großen und Ganzen will mir die Schuhe ausziehen, ich möchte heulen und das Gleichgewicht verlieren und in die Geborgenheit von Julius purzeln, oder wie hieß sie? Hat mich einfach stehengelassen, als ich behauptet hab, dass ich es peinlich finde, sich für ein Ego und eine Karriere zu entscheiden und dass Alkohol eine Droge für Jammerlappen und Hornochsen ist, während am Horizont sehr dunkle Wolken sich zusammenbrauen. Es werden sich unvorstellbare Gräueltaten in den nächsten Jahren in Europa ereignen. Nutzen wir die Zeit in diesem weichen, strahlend-grünen Garten, raffen wir uns zusammen, nehmen wir Kontakt mit Unsersgleichen aus der ganzen Welt auf!

Die Blume blüht und ich bin hier und das Nichts zieht sich immer fester um diesen Roman, das Nichts ist der böse Zauberer in dieser Geschichte. Und welchen Protagonisten könnte ich ihm entgegensetzen? Dies ist also der Blumenstrauß, den ich in freundlicher Anerkennung meiner apokalyptischen Krise gepflückt habe. Ich habe es die letzte Woche ausprobiert: wenn ich nicht mehr schreibe, rutsche ich vollständig ab. Ich muss mich hier irgendwie festhalten. Das ist das Aufrichtigste, was ich vielleicht jemals gesagt haben werde.  Der Psychotiker (der von Überempfindlichkeit und Phantasie Überwältigte) könnte die Welt, die er unter Einwirkung dieser Krankheit erlebt, bewohnbar machen, sie könnte den Rahmen, die Grundlage gar für viele Abenteuer und Kunstwerke bilden. Deshalb wird uns über kurz oder lang auch die Gründung einer psychedelischen Partei als notwendig erscheinen, die das Loch, dass der Skeptizismus in die Dinge gefressen hat, wie Butter in der Pfanne zergehen lässt, die Menschen eint in dionysischen Feiermonaten, die Maschine radikal runterfahren lässt, die Gesellschaft zur Ruhe kommen lässt. Ein Hausmeister steht, mit dem triefenden Mob in der einen Hand, die andere in seine Hüfte geklemmt, am Ende dieses Textes, riecht nach Dosenfisch und Bier und fragt sich, ob er hier wirklich mitspielen muss. Ausgerechnet am Ende dieses Textes.

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