20 Februar 2015

20. und 21.02.15


20. Februar

Habe heute erfahren, dass mein Gras-Dealer gedroht hatte, aus dem Fenster zu springen, falls man seine Wohnung zur Renovierung räumen sollte. Polizei und Feuerwehr und Krankenwagen vor seinem Haus gewesen und ihn dann in die Psychiatrie gefahren. Marina ist leer, Christian ist depressiv, Schildi ist absolut abwesend, ich mach mir wirklich Sorgen und bin traurig weil ich glaub, dass es ihm egal ist. Die Stadt zieht sich langsam zu meiner Wohnung zusammen und dem Edeka und dem Weg dahin zusammen. "Alles bricht weg", könnte ein Film über die letzten Wochen heißen.
Wer würde Morrissey zuhören, wenn er so eine Stimme wie ich hätte? Und was hat Morrissey überhaupt anders zu sagen als wie es ihm geht? Warum hört man ihm zu?

Arbeit und Zufriedenheit und Sex und Alkohol stumpfen so dermaßen ab. Im Gegensatz dazu halten Arbeitslosigkeit, Unglück, Asexualität und Gras kritisch, distanziert, vorsichtig, offener für neue Reize. Bevor du dich für einen Beruf und Rausch und Partner entscheidest, frag dich, wieviel du von der Welt sehen willst und such danach entsprechend. Ich will das für die Kunstwelt sein, was du für deinen Berufsstand in deinem Dorf machen willst. Was für dich dein Lehrer oder Vorgesetzter, ist für mich ein Schriftsteller oder Musiker.
Was ist an berühmten Leuten so Besonderes? Nichts. Das wäre bei mir anders, wenn ihr mich nur auf die Bühne lassen würdet, sage ich und sagte dann "Also los, auf ins grelle Getümmel" und er hebe mich aus meinem dunklen, gemütlichen Ornette-Coleman-Bett, um diese Datei zu schreiben.
Das THC bringt die Neurotransmitter durcheinander. Man ist erregt, obwohl man nicht erregt wurde, also man ist begeistert, obwohl man von außen nicht begeistert wurde, man hat innerlich Angst vielleicht, obwohl es keinen Grund gibt, und es gibt auch keinen Grund dafür, etwas interessant zu finden, aber das Gras beeinflusst das Gehirn so, dass es Signale aussendet, die dem Körper, dem Herzen (aber nicht dem Bewusstsein, dem Verstand) vorgibt, etwas interessantes zu sehen, zu erleben.
Man sagt viel weniger den Satz "Vielleicht können wir das ja auch alles sein lassen!" Gras verzaubert die graue Wirklichkeit, damit man Lust hat, sich an sie zu halten. Die gleiche Aufgabe haben Träume. Künstler bejahen die Wirklichkeit oder nur einen ihrer Teilaspekte, damit andere Menschen etwas haben, was ihnen das Leben lebenswerter erscheinen lässt. Künstler machen die Welt schöner. Selbst der zynischste, nihilistischste, kaputteste Schriftsteller bejaht die Welt mit den kleinsten Bewegungen. Die Künstler haben die Aufgabe, so zu tun als würde das Leben Sinn machen, da der, der keine Kunst machen will/kann, mit anderen Dingen beschäftigt ist. Während die Erwachsenen arbeiten, spielen die Künstler im Garten und hinterfragen das Arbeiten ihrer Eltern, indem sie sie erinnern, dass sie auch jederzeit spielen können. Entweder du machst Kunst oder bäckst ein Brot. Also ist Kunst nur ein Urlaub? Mit welcher Rechtfertigung macht man Urlaubskunst? Bin ich vielleicht nur dazu bestimmt, sie zu konsumieren? Ist meine Schriftsteller-Phase nur eine Urlaubsphase, bevor ich mal so richtig ins Leben starte mit Beruf und Familie? Oh, das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen. Wie gesagt: meine Hauptbotschaft ist: seid euch so unsicher wie möglich! Ja, das ist wieder eine grandiose Parole. So wie ich verunsichert bin, solltet ihr auch verunsichert sein. Jeder Künstler will sich mitgeben. Ich halte mich an dieser Aufgabe fest, weil ich nicht weiß, was ich sonst machen soll. Nichts scheint mir so plausibel wie Unsicherheit. Eine reiche innere Palette an Gedanken und Gefühlen zieht mich immer wieder woanders hin. Jetzt noch Schriftsteller, nachher ein Mörder, danach ein Waschweib, danach ein Selbstmörder (und das wäre sicher nicht die letzte Verwandlung, wenn ich etwas gewartet hätte). Selbstmord ist lustig, weil er so tollpatschig voreilig ist. Also ich bin unkonzentriert, weil ich keine Ideale mehr habe. Das kannst du auch unterstreichen. Ich wäre konzentrierter, wenn ich berühmt wäre. Weiß nicht, wo das alles hinführen soll. Die Unsicherheit ist ein schöner Rausch, ich würde ihn gern künstlerisch einfangen, in einem knallbunten Film mit viel Gefahr und Ekelzeugs und Trash. Unsicherheit befreit. So wie ich an meinen Erfolg denke, solltest du an das denken, was dir am wichtigsten ist. Diese Hilfe kann ich denen geben, die mir zu Erfolg verhelfen sollen. Ich bin sowas wie die Idee eines Gurus. Ein abstrakter Meta-Guru. Ich stecke in einer kleinen Box und man kann mich benutzen oder nicht. Mehr will ich nicht sein, weil nicht mehr in Frage kommt. Die größte Angst ist, dass man mich abbringen könnte von meinem Ziel, Schriftsteller zu werden, dass man überhaupt Gründe hätte, das zu tun. Und wieder die Frage: muss ich eine Bedeutung haben? "Nein, die hab ich oder nicht", sage ich und der Gedanke wird lauter, dass ich noch mit meiner Unbedeutendheit hoch hinaus kann, so wie jeder andere auch! Zeig eurer Nichts! Der Mensch soll sein Nichts nicht wegschuften, er soll so nichtig sein wie die Natur ihn erschaffen hat. Oder das ganze Gegenteil, als Trotz und dann am Ende wie alle anderen auch zu Grunde gehen. Der Künstler tut immer so, als wäre er jemand anders. Bin ich wirklich so, wie ich schreibe und denke? Was kann ich dagegen tun, von dicken Kritikern angemacht zu werden? Oder soll ich ihnen dann einfach laut bellend auf den Schoß hüpfen? Ich will ja nicht in ihrer Welt, sondern in meiner Welt berühmt werden, mit meinen Mitteln und nicht mit ihren Mitteln. Ich bin nur einer von so vielen Geschlagenen, ich trommel nur ein paar um mich herum zusammen: los, zeigen wir wer wir sind! Und genau dafür bin ich berühmt, weil es eben niemand anders versucht. Ich träume von einer Welt, in der jeder eine Berühmtheit ist und sowohl verehrt wird als auch die restlichen Menschen verehrt. Das würde ich sagen, wenn ich im Herzen noch bisschen Sozialismus kleben hätte... Ich will eine Welt, in der ich der Bedeutendste bin oder zumindest einer von ganz Wenigen, ganz Bedeutenden. Es ist meine leere Gier nach Macht, ob ich mich durchsetze wie die anderen Wenigen, kann mir als Künstler egal sein, wenn es auch jemand Anderen in mir interessiert. Ich will wie jeder Andere auch ein Gott, ein Heiliger, ein berühmter Mörder oder ein mächtiger Politiker zu sein. Dieses Ziel muss ich mit Notwendigkeit füttern. Ich muss Dinge tun, die notwendig dazu führen, dass ich Macht gewinne. Ich bin ein sehr zuversichtlicher Dreikäsehoch, müssen Sie wissen! Ich laufe zu "Hound Dog" von Den Residents mit strahlendem, verstrahlenden Optimismus durch die neongrünen Grünanlage auf dem Weg zum Vorsprechen bei Euch. Vielleicht mach ich auch einfach nur Lärm. Solang ich nicht irgendwas tue, werde ich immer im Ungefähren der Mutmaßung dümpeln. Erstmal anfangen mit etwas, erstmal im Sattel sitzen. Erst als Metakünstler Zwischenmensch ein bisschen Selbstreflexion, Grundscheu, Lärm und totale Distanz. Der neue in der Schule hinterfragt auch meist erst sich und dann die anderen. Ich bin noch neu in der Branche, könnt ihr mir diesen Satz, der hier grad abläuft, verzeihen? - Eben hab ich verstanden, warum ein Künstler Geschichten erfinden muss und es nicht reicht, dass er über sich redet. -
Ich habe Lust, die Nacht mit der Brechstange durchzumachen, ich interessiere mich für die Möglichkeiten, die sich dann ergeben. Vielleicht könnt ihr etwas mit den Zuständen anfangen, die ich beschreibe. Der Künstler probiert in der Schutzhülle seiner Kunst von bestimmten Zuständen. An der Beschaffenheit seiner Kunst könnt ihr dann sehen, was die Zustände bei Euch bewirken könnten. Ein armer Künstler reflektiert das Leben eines armen Menschen. Ein psychedelischer Künstler reflektiert psychedelische Erfahrungen in der Mittagspause. Ein Künstler ohne Selbstverständnis ..., usw. Die Geschichten die ich als XYZ-Künstler erzähle, reflektieren andere XYZ-Leben. Vielleicht bin ich nur ein Autor für andere Autoren, die nichts aus sich machen können als ihre Energie um sich selbst kreisen zu lassen - weil sie niemand anders haben. Dort steht meine Einsamkeit! Kann ich damit irgendwie über die Runden kommen? Was habe ich zu geben? Was habe ich zu geben? Mein Gesicht vertrocknet langsam, während diese Fragen auf mich einfliegen. Was habe ich zu geben als die Erinnerungen an die schönen Nachmittage meiner Kindheit? Es wäre so schön, wenn ich mit all den tollen Leuten die ich kenne, meine Kindheit nochmal durchleben könnte und am besten niemals älter werden. Ich denke, der Höhepunkt des Lebens ist die Hoffnung, die man als Kind hat. Alles was man als Erwachsener tut ist, seine Enttäuschung zu verwalten, seine Traurigkeit zu vergessen. Für immer aus dem Paradies der Kindheit geschmissen, trauen wir uns nur in ganz ganz schwachen Momenten, zurückzublicken. Hier geht es wirklich nicht mehr weiter! Das ist die Parole, die über dem heutigen Text flattert. Oder ist es schon die Zweite? Ich kann mich nicht konzentrieren, ich behaupte: man muss sich nicht konzentrieren, wenn man auf der Parkbank vor einem Wasserfall sitzt. Ich kann einfach genau so wie ich dasitze dasitzen, egal wie lang. Ich werde eine Partei gründen, die einzig das Recht eines jeden Menschen durchsetzen will, solang im Bett zu bleiben wie er will. Kein Terminstress, kein Gericht darf ihn zwingen, das Bett gegen seinen Willen zu verlassen. Dazu noch das Recht auf eine eigene Wohnung und Essen und Trinken, und die Menschheit wäre erstmal aus dem Gröbsten raus!! Das ist genau das, wofür ich eintreten will! Alles bis zur Durchsetzung dieses Ziels ist dann Realpolitik. Eine Partei der Geister, der Künstler, der Sitzenbleiber, der Langschläfer, der Cannabis-Konsumenten, ... eine Partei für alle, die sich auf keinen Beruf, kein Ideal, keine Tätigkeit festlegen wollen oder können, für alle die einfach nur dem Wasserfall zusehen und zuhören wollen, wie er vor sich hinplätschert, so wie das eigene Leben einfach so hinplätschert in tragischer Schönheit. Hört auf, etwas zu tun! Hört auf, etwas zu glauben! Es ist so lächerlich, an etwas zu glauben. Es ist so lächerlich, seine Geschmacksgrenzen nicht erweitern zu wollen. Ihr müsst auch andere Musik genießen können, ihr müsst auch andere Bücher gern haben können! Beschränkt euch doch nicht! Warum versucht ihr es nicht mal? Schaut, was die Residents, die Neubauten, Peter Brötzmann, Nurse With Wound geben! Cioran oder de Sade oder Burroughs oder Helge Schneider! Wir werden, indem wir die Musik- und Kino- und Bücher-Charts kaputt machen, euch das nehmen, was euch am stärksten sediert. Wenn ihr andere Kunst probieren würdet, würden sich auch andere gesellschaftliche und politische Verhältnisse schaffen lassen. Der Künstler macht, dass die Menschen offen und heiter und selbstkritisch und weltfern werden. Das kann ich als Gegenleistung für Geld und Ruhm erbringen, aber das hatten wir ja vorhin oder gestern schon.
Ich will eine neue Phase in meiner Karriere als Künstler einschlagen und damit vielleicht sogar einen neuen Lebensabschnitt beginnen. Ich weiß ja jetzt, was ich bin. Jetzt kann ich mich wirklich vermehrt der Prosa zuwenden. Kleine Kurzgeschichten und Lieder, die von anderen Menschen handeln als mich. Ich spiele, als wäre ich jemand anders, wie schon in "Die Spannung steigt". Doch was es wirklich zu sagen gibt, kann ich jetzt nichtmal ahnen. Es gibt jetzt keinen Grund mehr, irgendwas zu schreiben, irgendwelche Gefühle zu kommunizieren. Ich denke mit Worten und nicht mit dem Körper. Das ist mein größtes Problem. Ich bin schön abgeschottet. Es ist wichtig, sich ab und an unangreifbar, unerreichbar, unkritisierbar zu fühlen. Ich liebe es, meine kalte, aggressive Fresse in die Welt zu halten. Haltung zeigen ist wichtig, wenn du von jemanden geliebt werden willst. Und sei es die Haltung, keine Haltung haben zu wollen. Irgendwas muss man doch zeigen? Was würdest du mir denn vorschlagen, wie ich mich verhalten soll? Hast du eine Meinung zu mir? Was soll ich tun? Ist es ratsam, mich bevormunden zu lassen? Soll ich einfach kleinbei geben? Soll ich etwas anderes als Kunst machen? Gibt es etwas, das viel besser zu mir passt? Gibt es vielleicht nichts, was zu mir passt? Wer entscheidet, was passt und was nicht passt? Ich habe keine Antwort und fühle mich total frei und einsam. Ich kann jetzt nicht mehr sagen als dass ich mich freue, gleich ins Bett zu gehen. Dort muss ich nicht schreiben, dort muss nichts beweisen, dort muss ich nicht kämpfen gegen Unsichtbares. Ich werde schon noch was mit meiner Lust und Energie anfangen können, und immer sitzt mir jemand im Nacken, der mich in die Esoterik-Ecke schieben will. Das ist so ein ekliger Kniesknaddel, der keine Freude am Leben hat, wenn er nicht alles klar einer bestimmten Ecke zuordnet. Ich muss mich von ihm und der Ecke der er mich zuordnen will distanzieren, einfach weg gehen... Und dann? Wohin jetzt? Es ist ein schöner Tag, der gerade anbricht. Ich hätte gern Schildi hier, ich will mit ihm den ganzen Tag verbringen. Es ist so mysteriös, dass er sich einfach Wochenlang wegschließt. Es machen sich bestimmt viele Sorgen um ihn. Gebe ich ihm einen Grund, depressiv zu sein? Könnte ich ihm wieder auf die Beine helfen? Das sind viel wichtigere Fragen. Während ich mich darum kümmere, ein berühmter Schriftsteller zu werden, sterben meine besten Freunde. Vielleicht bringen sich meine zwei besten Freunde dieses Jahr um. Wenn ich berühmt wäre und Geld hätte, könnte ich uns irgendwo ein schönes Haus kaufen, wo wir leben und arbeiten können. Könnt ihr nicht noch ein bisschen warten, bevor ihr ganz tief in die Kiste mit den dramatischen Konsequenzen greift? Wartet doch einfach noch ein bisschen... Das ist eine weitere Flagge, die ich hisse... Wartet doch noch ein bisschen... Lasst uns doch alle irgendwo zusammenwohnen. Unsere Verlorenheit potenzieren und ausagieren. Das Leben lohnt sich glaub ich schon....


21.2.
Habe heute meine erste Glasbong mit der Post bekommen, also ich bin endlich an das Schließfach rangekommen. Worte bilden, auf die Tastatur übertragen und zwischen ihr und Bildschirm hin-undherswitchen ist ein komplexer, anstrengender aber auch fast automatisch ablaufender Vorgang. Anstrengend automatisch. Aber eine schöne Anstrengung. Der Körper massiert das Ich. - Ach, ich sitze grad bei Christian und er schaut mich mit seinen feuchten, strahlenden, euphorischen Augen. Ich frage: "Was war? Ich hab nur deine Hälfte von diesem Gespräch gehört, aber jetzt kann ich mich auch nicht mehr an das erinnern, was du gesagt hast." Und etwas später: "Oh Christian, du bist noch keiner Frau so nah gekommen wie dir selbst, in eienr Frau steckst du maximal zu 0,5 Prozent, oder in deinem Fall von mir aus 5%. Aber du steckst zu 100% in dir."
Das viele Vergessen aktiviert die Gegenwart übermäßig. Ich bin so klug und lustig und frech wie die Musik.Es ist nervig, dass wir immer noch unsere Eigenwirkung hinterfragen. Wenn die Musik aus ist, gucken die Gesichter betrübt, wenn sie angeschaltet sind, ist auch die Musik besser. Jetzt sind wir aus diesem Graben Stille heil rausgekommen, aber irgendwann ist für immer Schluss und dann ist Ruhe angesagt. Wenn man die Zukunft vor sich hat, kann man nicht im Moment versinken. Auch wenn man Tastatur tippt, kann man nicht im Moment versinken, weil das Schreiben im Weg ist, aber wenn das Schreiben der Inhalt ist, funktioniert es. Das hier ist eigentlich nur eine Erinnerung an diesen Moment. - Ich bin so einsam, ich könnte weinen, ich sollte weinen, aber ich kann's nicht. Ich habe keine Lust etwas zu tun. Sagt dir Ent-Rüntschung was? - So einsam, ich kann der Welt nichts mehr hinzufügen. Die entscheidenste Frage ist ja: Was habe ich hinzuzufügen? Oder kann ich mich nirgendwo wenigstens einbringen? Vielleicht werde ich einfach mal ganz kalt und platt gesagt niemals das erreichen was ich will. Dann schau ich am Ende meines gescheiterten Lebens auf diese Zeilen, erinnere mich... oh Gott, ich hoffe das ist nicht bloß eine Erinnerung. Das wäre wirklich ganz schlecht, wenn das jetzt nur eine intensive, links unter dem Ohr gemütlich strahlende Erinnerung ist und ich gleich ein großer, alter Mann bin, der alles bedauert oder tottraurig ist, dass er nicht mehr jung ist. Wie werden wir uns auf diese Traurigkeiten und Bitternisse in unserer Zukunft vorbereiten? Da sitzen wir und alles ist mit dem Song "Kick Inside" von Kate Bush untermalt, der mythologische Text passt nicht die Bohne zu unserem Leben, aber die Melancholie und Sehnsucht in dem Song ist ein so boshaft ironischer Kommentar zu unserer Leere und Zukunftsverweigerung. Was habt ihr aus dem Rausch mitzubringen? Noch so eine Frage. Ich will endlich einen Job als Künstler. Ich will einfach für meine Werte werben, wie jeder Künstler und Politiker. Einer dieser Werte, Tugenden, Werkzeuge ist: Selbstreflexion wie ich hier an der Tafel vormache, aber natürlich nur an meinem Leben theoretisch. Die Hausaufgabe: macht das praktisch mit eurem Leben.

So, DAS (die beiden Bücher Blume eins und Blume zwei) würde ich Journalisten sagen, warum ich schreibe... Die Bücher sind als Antwort gedacht, wenn mich jemand fragt, warum ich ein Künstler sein will und Geld und Anerkennung dafür bekommen will. Langsam werde ich mir immer bewusster, was ich will. Es fühlt sich wie ein Wochenende an, an dem man etwas Grundlegendes lernt. Es gibt nichts besseres, als Gras zu rauchen und sich Hoffnung zu machen. Du weißt, dass es keine Hoffnung gibt, aber das Gras lässt über die Manipulierung der Neurotransmitter dem Körper ausrichten, dass es Hoffnung gibt. Gefühle und Gedanken passen jetzt nicht zusammen. Vielleicht könnte ich jetzt auch meinen Tod als Chance annehmen, dass eine neue Folge der Serie meines unendlichen Lebens beginnt. "Na dann verschwinde ich eben von hier.", tröstet sich jeder Selbstmörder. Ich wünschte die Leute würden mit ihrem Job so umgehen wie ich mit meinem Schriftsteller-Job. Da das niemand macht, muss ich dafür Werbung machen. Alle Künstler machen Handlungsvorschläge, mithilfe ihrer Personen, den Schwingungen ihrer Musik oder ihrer eigenen (privaten) Haltung zur Welt. Schriftsteller erzeugen Gedanken. So wie eine Geschichte wirken soll, sollen meine Sätze wirken. Was ich hinzuzufügen habe? Meine Sicht. Warum sollte sich jemand für meine Aggressivität interessieren? Die Leute wollen beruhigt und nicht aufgestachelt werden. Sie wollen gute Unterhaltung. Ich sitze am Rand eines Traumes und betrachte lüstern die Kehlen vorbeijoggender Hipster. Ich schwöre, dass Gras etwas gutes ist, weil auch Träume was gutes sind. Wenn ich nicht berühmt werde, könnte ich in ein paar Generationen (weit nach meinem Tod) berühmt werden als damals Gescheiterter, so wie viele erst nach dem Tod entdeckt werden. Und als genau dieser postum Verehrte will ich heute schon verehrt werden. Das ist ein lustiges Argument. Ich will ein Meta-John-Lennon werden. John Lennon wollte ja nicht John Lennon werden, er wurde etwas, was später als John Lennon bekannt wurde. Ich möchte irgendwann sowas wie John Lennon werden, aber nur um es zu sein: um Millionen Menschen zu haben, die mich kennen und hören. Jeder will von allen gehört werden. Solche Leute beschreibe ich (aus der Perspektive eines Schriftstellers), dafür will ich anerkannt werden. Huch? Für etwas das Millionen Leute haben? Warum solltest du eine Bedeutung haben, wenn du alle Leute daran erinnerst, dass ein Skelett in ihrem Körper steckt. IH! Da liegt ein Skelett in mir! Oh Gott, ich werde total scheitern. Die zwei letzten Sätze sind von weiten, felsigen, beigen Landschaften unterbrochen. Und jetzt ist auch noch die Heizung ausgegangen. So viel los hier, zumindest tut das Gehirn so als ob und das Herz fühlt sich so an. Ich glaub meine Heizung war kaputt. Total abenteuerliches Herumprobieren an den Reglern. Das Wort "Reglern" kommt mir falsch geschrieben vor. Ich glaube mein Buch kommt hundert Jahre zu spät. Das ist es, ich hab den Zug einfach verpasst. Ich bin in einer beschissenen Zeit für mich gelandet. Und die Heizung ist kaputt. Es ist toll, wie langsam alles zusammenbricht. Mir wurde heute in einem Literaturforum gesagt, mein Beitrag erinnere an Helene Hegemann. Bin ich auch nur so eine Göre? Warum hass ich sie eigentlich so? Eigentlich nur für ihren Ruhm, dafür dass man hinhört, wenn sie was sagt. Vielleicht hat sie mehr Talent. Vielleicht habe ich auch nur als ihr Feind eine Rechtfertigung als Künstler. Jeder muss sich immer entscheiden, ob er etwas bekämpfen will oder nicht. Lehne ich mich gegen mich auf, wenn ich Helene Hegemann hasse? Ich hab keine Ahnung, was ich hier soll. Noch so ein total treffender Satz. Warum sollte sich mein Publikum in diesen Zustand kommen? Warum sollte es Leute interessieren, wie es mir geht? Jemand, der außerhalb der Gesellschaft steht wie ich, hat niemandem etwas mitzuteilen. Man irrt sich wenn man sagt, dass Außenseiter cool und interessant und wertvoll sind. Die richtigen Außenseiter wird man weiterhin uncool, uninteressant und wertlos finden, sonst wären es ja keine. Wenn man Außenseiter aber wirklich cool und interessant und wertvoll findet, dann kann man niemand sein, der mit dem System zufrieden ist, außer wenn er spioniert. Er befasst sich mit den Feindes des Systems, um das System zu beschützen. Deshalb sollten wir uns gar nicht äußern. Wahrer Widerstand muss im geheimen stattfinden. Für die wirkliche Subversion darf es keine Manifeste geben. Die Kunst hat die Aufgabe, den geheimen Widerstand zu euphorisieren. Ich sitze an meinem Bücherstand und verkaufe sehr wenige Bücher, aber wer sie richtig benutzt kann mehr erreichen als ich mit einem Millionen-Honorar erreichen könnte. Das ist eine melancholische Wahrheit, sie klingt so, als würde ich niemals einen Stein werfen oder ein Auto in die Luft sprengen, als würde es mir nur gefallen, dazu aufzurufen. Wenn er mir das vorwirft, könnte ich ihm leicht beweisen, dass ich sowas auch machen würde, aber dann würde ich mich strafbar machen. Deshalb lass ich es bei der Ermutigung, die natürlich auch nur ironisch gemeint sein kann, bzw. sich im Grundsatz der künstlerischen Freiheit ausruhen kann. Gewalt ist niemals eine Lösung: schau einfach ins Tierreich. Jedenfalls wäre, indem ich berühmt werden würde, der Beweis erbracht, dass ich ironisch verstanden wurde. Niemand kauft das Buch eines künftigen Mörders. Wo ist jetzt die Ironie? Oder ist ganz klar, wo sie ist? Ich les mir das morgen durch, da steckt bestimmt eine Lösung drin. Die Heizung geht wieder, hab die Steckdose gewechselt. Gras drängt eigentlich das Sterblichkeitsbewusstsein zurück, aber wenn es ganz kalt im Zimmer ist, klappt das nicht so richtig. Will ich als was Besonderes oder als was Typisches berühmt werden? Als typischer Sonderling oder als besonderer Typ? Was macht mich zu was Besonderem, dass ich ein Recht hätte, gehört zu werden? Die erste Frage des Tages ist immer: lohnt es sich, heute aus dem Haus zu gehen? Ich liebe solche einfach, klaren, stabilen Texte, wie bunte Blumen in der Fensterbank. Da piept etwas in meinem Ohr. Sterbe ich jetzt zu "Am I Forgotten" von Rumer? Ein lautes Nadelpiep. Ein schöner kleiner Druckausgleich. Eine elektrische Grille, deren Ambient-Zirpen das Zimmer und die Musik schöner macht. Solche Sätze kann ich mitbringen. Ich habe Angst, nicht erfolgreich zu werden, weil es schon zu viele gibt, die sowas machen wie ich. Na hört mal! Wenn so viel Leute das machen, was ich mache, würde ich aber ganz anders über die Welt, das Fernsehen, das Leben denken. Das ist es doch! Wenn mehr solche Dinge wie ich im Radio und Fernsehen kommen würden, würde ich gar nicht das hier alles schreiben. Ich bin zum Glück was Besonderes. Ich hasse das, was andere machen und deshalb will ich berühmt werden, damit meine Werte wirken können. Jeder der meiner Meinung ist, gibt mir bitte eine Sendung 20.15 auf Pro7 und ARD gleichzeitig. Wenn viele Leute meiner Meinung wären, würden sie ja nicht die Millionen Bücher kaufen. Aber aber es gibt ja noch viel mehr Leute, die diese Bücher nicht lesen oder nicht gut finden. Die meisten schauen nicht diesen Film, lesen nicht dieses Buch. Was das alles bedeuten kann, hab ich nicht mehr im Blick. Kannst du ja später noch bisschen dran kauen.
Das Kiff verstärkt vermutlich gegenwärtige Unsicherheiten. Fände das Buch ja gerade deshalb interessant, unter Menschen zu bringen. Die Euphorie, die kommt, wenn man erkennt wie komplex und unsicher alles ist, wie schwer sich alles formulieren und bewerten lässt, erinnert uns an die Euphorie unserer Kindheit, in der wir auch verwirrt und hypersensibel durch die Straßen und Wälder gestolpert sind. Der Satz will mich traurig machen, aber die Musik ist zu kühn. Ich werde mich nicht vorm Älterwerden verstecken können. Jeder der mich ein bisschen aufbaut, hat einen Platz in meinem Herzen. Es ist so absurd, jemanden nicht zu küssen, den man küssen will. Warum lass ich mir diese Absurdität gefallen? Hiermit erzähle ich die Geschichte von einem Verlierer, der berühmt werden will, um seiner Liebe Schwere und Tiefe zu geben. Ich bin ein Heuchler, wie alle anderen Menschen auch. Wer sagt, er tut es nicht für sich, lügt. Wer es wirklich nicht nur für sich tut, nun... den kann ich jetzt nicht kritisieren, denn muss ich erstmal vorbeigehen lassen. Es ist so kalt hier, obwohl die Heizung an ist, das Tippen tut weh. Irgendwas hab ich falsch gemacht. (Man musste erst lernen, für welche Körperfunktionen man etwas kann und für welche nicht.... Ein Lügenzirkus! Man kann für keine was...) Wem solche Wiederholungen auffallen, muss schon viel von mir gelesen haben, also muss er mich wert gefunden haben zu lesen, also kann er mir auch diese Wiederholung verzeihen. Jeder möchte brühmt werden, um im Supermarkt angesprochen zu werden oder von Sicherheitsleuten abgeriegelt zu werden.Jeder noch so humanistische Künstler benutzt seine Werte bloß, um berühmt zu werden. Jeder Mensch möchte wenigstens so berühmt werden wie Johnny Depp, oder hält sich schon für so berühmt. Allein mit dem Wille, berühmt zu werden, kann man nicht berühmt zu werden - aber ich werde berühmt dafür, dass ich diese These bewiesen habe. Ich habe nur Recht, wenn ich nicht berühmt werden. Und was heißt das jetzt für den, der überlegen muss, ob er meinen Text verlegt? Ich kann das jetzt nicht weiter bedenken. Lieber trink ich mal was. Heute habe ich auch frischen Mate bekommen. Eine Köstlichkeit, dazu etwas Sojamilch und Agaven-Dicksaft. Eine Köstlichkeit! Eine schöne, südamerikanische Energie. Aber wenn man sie auf sich beruhen lässt, geht sie kaputt. Ich schreibe zum Beispiel mit dieser Energie. Gras intensiviert sie noch. Der perfekte Rausch. Menschen müssen auch ihren Job unter Einfluss bestimmter Drogen machen, nur so kann sich etwas verändern. Eine Leistungs-Gesellschaft, die verbietet, die Leistungen berauscht zu erbringen, will nicht in Frage gestellt werden. Wer nicht in Frage gestellt werden will, verdient es zu allererst, in Frage gestellt zu werden. Und jetzt den Film "El Topo" anschauen.
"Ich brauche regelmäßig einen anderen Bezug zum Wirklichen", sagt sich jeder, der Drogen nimmt. Lassen wir ihn doch. Lohnt es sich für mich, zu schreiben? Wer keinen objektiven Anspruch hat oder kein so strahlendes Talent hat wie die großen Ausnahmekünstler ... ach Moment, so talentiert sind sie nu nicht. Sie schreiben alle für ihr arrogantes Klientel, mit der Sprache die alle sprechen. "Talentierte Künstler" bedeutet: sie können mit den Werkzeugen umgehen, die wir ihnen gegeben haben. Auf diese Werkzeuge wollen wir verzichten. Wir wollen selbst erstmal definieren, was ein gutes Buch für uns ist. Wenn ihr meine Bücher nicht dabei haben wollten, dann habe ich auch keine Lust, mehr Gras zu nehmen, oder die Musik anzumachen oder ... überhaupt zu atmen. Ich hasse die Menschheit am meisten dafür, dass mein Glück von ihr abhängig ist. Es war schonmal gemütlicher auf diesem Stuhl. Jeder ist von anderen Leuten abhängig, sogar von Leuten die er nicht leiden kann. Menschen die ich nicht leiden kann, sind mir immer noch gut genug, um auf ihrem Rücken oder in ihrem Blut berühmt und geliebt zu werden. Das Gras erreicht eine betäubende Wirkung, die Augen schließen sich leicht, aber man ist total wach, das Gehirn intensiv durchblutet, ich werde mich mal gesünder ernähren und mehr Bewegung und so, damit ich kein Aneurysma bekomme. Ich google mal die Auslöser und Häufigkeit (wobei für dein Einzelnen ja die Statistik ja nichts bedeutet, weil er ja nicht weiß, ob er zur einen oder anderen Menge gehört). Ich spüre, dass jemand den Text liest. Das ist natürlich nur eine intensiv durchlebte Phantasie, eine sehr deutliche Hoffnung. Mit Gras kann man gut Probleme lösen, wenn man ein konkretes Problem hat. Meine Fragen sind zu grundsätzlich, als dass mir Gras schnell helfen könnte. Ich spüre nur, wie meine Verlorenheit, meine totale Unzugehörigkeit auf mich einprasselt wie bunte, heitere Musik. Bin ich jetzt schon ein guter Autor? Das ist die Frage, die wie viele andere Fragen über allem kreist, was ich mache, inklusive der Frage, ob gleich ein Aneyrisma in mir platzt. Dieser Text ist für heute auch vorbei. Wollte dem Buch ja eine Wendung geben. Oder ich beende es einfach demnächst. Wollte ich ihm, eine Wendung verpassen? Es ist so hell hier, ich weiß nicht mehr, was ich gestern geschrieben habe. Ich berühre alles, was ich sehe mit neugierigen Blicken, wie ein heuchelnder Politiker dem Volk die Hand schüttelt. Guten Tag, hallo, schönes Kind, wählen sie mich, wir Politiker sind auch nur Menschen. Wenn ich schon nicht berühmt werde, will ich mit Freunden ganz gewaltig scheitern, mit Konfetti im Haar. Nehmen wir das Abenteuer an, irgendwo einzuschlagen! Oder seid weiter depressiv und leer und nihilistisch und bieder und absurd. Ich liebe euch, aber wenn ihr nicht mitkommt, fahr ich allein mit dem Zug. Die dunkel-grünen Wände der Wohnung, und auch die Einrichtung und meine Kleidung und die Gesichtsfarbe lassen diese Szene, wo ich das mit dem Zug erzähle, so wirken als gehörten sie in den Trailer zu diesem Buch. Knarf, lass uns einen Trailer drehen zu dieser Szene. Kreativität macht Spaß. Und was ist die Konkurenz wert? Das ist auch so eine wichtige Frage. Vielleicht entwerte ich nur meine Konkurenz, um mir einzureden, ich hätte mehr Berechtigung als sie verdient. Jetzt ist es Zeit für die Residents. Die Tatsache dass noch nicht feststeht, was aus mir wird, macht mich sehr nervös. Ich brauche Stabilität. Die Residents geben mir eine Art Stabilität, indem sie mich an das Lebensgefühl erinnern, das mir die Richtung vorgeben soll. Man überlegt sich immer, welchen Weg man beschreiten will und wählt dann entsprechende Musik. Aber nachher höre ich auch Elton John und John Lennon und Pink Floyd. Meine Lied-Texte funktionieren nur, wenn ich ein Popstar bin. Wenn ihr sehen wollt, was ich wert bin, setzt mich in die richtige Talkshow. Der Stuhl wird immer unangenehmer. Soll ich was dagegen unternehmen? Kann ich überhaupt in andere Charaktere reinschlüpfen? Indem ich mich verweigerte, so und so zu tun, wollte ich herausfinden, was ich bin, doch da war nur Leere und ich erkannte, dass man sich immer bloß etwas vormacht. Also mach ich mir vor, auf der richtigen Seite zu stehen, etwas wichtiges zu sagen zu haben und dann abwarten, ob mir jemand glaubt. Es ist unnatürlich, an etwas zu glauben. Tief in uns gibt es nichts, an das man glauben könnte - alles in uns wartet darauf zu sterben. Unser Verstand, unsere Moral, unsere Leber, unser Herz, unsere Lungen, unsere Lust, unsere Friedfertigkeit, unsere Schweigsamkeit, unser Gehorsam, unsere Kraft. Alles vergeht. Nichts ist stabil. Alles ist nur Perspektive. Jedes Glauben ist ein "So tun als ob ich glauben würde". Alle tun so selbstsicher. Ich rate davon ab, weil es ohne auch geht, weil ohne sogar viel mehr geht. Das ist der Goldene Stern am Ende dieses Tages.

Alles aufgeweicht. Ein fetter schwarzer Klumpen im Garten. Je komplizierter, desto lustiger. Bald bin ich reif genug, ein Märchenonkel zu sein. Meine Wohnung riecht wie ein Sumpf, ich habe so Lust, alles zusammenbrechen zu sehen. Das ist also die existentielle Krise, aus der ich mich herausziehe, um Schriftsteller zu werden. Das ist die Reise, die ich gemacht habe. Das ist das, was ich mitgebracht habe. Solang man altert, kann man keine tiefgründige Kunst machen, weil man es immer zu eilig hat. Man müsste schon in der Zeit stehen bleiben können. Sonst hetzt man ja nur... Auch mal ein paar Jahre in eine Stimmung vertiefen, statt immer weiter springen. Alle bisherige Kunst muss sich anfühlen, als wäre sie zu hastig, zu voreilig, zu ungeduldig. Alle gegenwärtige Kunst muss für eben diese Gefühle sorgen. Es wäre doch toll, wenn sich alle Künstler weltweit dazu verabreden würden, nur noch das selbe zu machen, alle an einem Bild zu arbeiten. Sonst verliert sich eine große Kraft in der Vereinzelung. Von heute auf morgen machen alle Künstler nur noch ein düsteres Ambient, das aus glitzernden Graskekesen gebacken ist. Alle Berühmtheiten verschwimmen mit der anonymen Masse. Alles ein einziges Dröhnen. Eine Superband. Eine eigene Lebensform, eine eigene Staatsform. Schon wieder das selbe erzählt.

Ich tauche in den Film "Barton Fink" und denke mir, dass es sich nicht lohnt, die Gedanken zu merken, die mir dabei kommen, dass es sich auch nicht lohnt, interessante Gedanken zu merken, die kommen wenn man mit Leuten oder alleine kifft, dass es sich nichtmal lohnt, sich irgendwas zu merken, was jemand gesagt oder getan hat. Kein Tag, kein Mensch ist es wert, in Erinnerung behalten zu werden. Erinnerung ist eine Bürde. Erinnerung macht träge. Worte machen träge. Deswegen ist dieses Buch so schwer. Die Tatsache, dass du Bücher nicht in dein Morgenmüsli, Gutelaune-Müsli rühren würdest, beweist, dass Bücher nur Ballast sind.
Ein Künstler soll sagen, was er zu sagen hat, wenn er die Wirklichkeit nicht idealisieren will. Er soll die Welt so schwammig, unberechenbar, unsicher, unerkennbar, unverlässlich zeigen wie sie ist und nicht so tun, als wäre irgendetwas klar. Es gibt zu viele falsche Liebeslieder, es gibt zu viel Literatur die dem Leser etwas vormacht, was gar nicht haltbar ist.
Der Film bringt mich auf eine Idee. Autoren sollten nur über Dinge schreiben, in denen sie sich nicht auskennen. Ein Surrealist soll eine nüchterne Reportage über eine korrupte Bank schreiben, ein Verschwörungs-Paranoiker soll kitschige Liebesgeschichten schreiben, ein lustloser Säufer soll über die Eröffnung eines neuen botanischen Garten schreiben. Wenn man Leute zwingt, über etwas zu schreiben, was nicht "ihre Sache" ist, können ganz neue Aspekte zum Vorschein kommen. (Großes Misstrauen verdienen Autoren, die meinen über alles schreiben zu können, ohne es mit ihrem Ego, ihrem Idealismus zu verfremden.)
Außerdem denke ich drüber nach zu behaupten, dass es sich lohnt, normale Dinge in unnormalen Zuständen zu tun, um interessante neue Möglichkeiten zu haben. Der Künstler beschreibt diese unnormalen Zustände (wie Schlaflosigkeit, Besessenheit, Arbeitslosigkeit, Entfremdung, Angst, ungewöhnliche/böse Phantasien), um sie zu würdigen, um sie zu verherrlichen, zu sublimieren, zu veredeln für alle, die sich nicht schämen wollen, in diesen Zuständen zu sein oder sich für sie zu interessieren. Das ist zumindest das, was ich will.
Mein Hauptproblem: ich vergesse immer wieder, warum ich das ganze tue... Warum ich schreibe, warum ich atme. Ich hätte gern Talent. (Na dann nimm es dir!) Man muss mich gern lesen, so wie man einen Film gern anschaut, auch wenn er unkonventionell ist. Ich lese ein bisschen Kafka (seine Geschichten sind interessant) und Thomas Mann (seine Sprache ist interessant) und Willian S. Burroughs (die Art wie er Geschichten erzählt ist interessant). Außerdem denke ich oft an de Sade, dessen Lust am Bösen ich faszinierend finde. Und Bukowski an Bukowski, dessen selbstbewusste, fließende Gedrücktheit ich bewundere.. seine lakonische Art. Er hat auf jeden Fall was zu erzählen. Wenn man Autor sein will, muss man sein Leben erzählenswert machen. Warum sollte man auch sonst Kunst machen? Es tut gut, darüber nachzudenken, dieses Jahr will ich deutlich vorankommen. Talent ist jedenfalls keine Frage von Glück oder Erbanlagen. Jeder kann Bücher wie "Das Urteil" oder "Der Zauberberg" schreiben, deshalb liest sie auch jeder... Aber warum muss man solche Bücher schreiben? Und was hat der Leser davon, sie zu lesen? - Jeder Künstler versucht krampfhaft, einen "schönen Stil" zu haben oder vielleicht sogar, sich vieler Stilmittel bedienen zu können, um etwas auszudrücken. Wenn man den tollen Stil eines Autoren subtrahiert, bleiben sehr langweilige Geschichten übrig. Ich will erst berühmt sein, wenn ich wirklich gut und selbstbewusst reden und schreiben kann.
Jeder Film hat seinen Tiefpunkt erreicht, wenn sich Leute küssen oder anschweigen oder wenn sie heulen. Man kann Pornos mit oder ohne Geschichte machen, ebenso kann man ein Drama, einen Krimi, einen Horrorfilm, eine "Geschichte die das Leben schreibt" ohne Geschichte schreiben. (Euch reicht auch die Essenz, um auf Eure Kosten zu kommen!)
John Goodman ist so ein toller Schauspieler. Jeder sollte so einen Freund haben wie ihn John Goodman in "Barton Fink" darstellt.
Bekifft Filme anschauen ist so, als würde man den Film träumen, mit dem Vorteil Notizen machen zu können. Ist in dem Paket der Kopf drin? Hoffentlich wird das nicht aufgelöst.
Ein toller Film, nur die Musik stört. Sie gibt dem Film eine ironische Note oder nötigt dem Zuschauer Emotionen auf, die er gar nicht mit dem Film verbindet. Filmmusik verzerrt den Film, denn es gibt im wahren Leben keine Hintergrundmusik. Musik idealisiert Gefühle, Situationen, Menschen. Das kann man schon machen, aber man kann es auch anders versuchen.
Ich leg mich ins Bett und mach mir noch ein paar Notizen. Werde heute gut schlafen können.

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