14 September 2015

14.9.- Kurznachrichten

(1)
Es ist wichtig zu beachten, dass regelmäßige Marihuana-Konsumenten in einer Parallelwelt leben, in der die Dinge anders funktionieren können. Die Entdeckungen, die man dort macht, werden erheblichen Einfluss auf die bürgerliche Gesellschaft und ihren Niedergang haben. Wir können es jetzt noch nicht richtig erkennen, wie der Einfluss genau aussieht. Bestenfalls unterstützen sich die beiden Welten gegenseitig. Niemand schickt Rauchzeichen von so weit vorn. Ich erschlage die Mücke, die mich die letzte Nacht mehrmals aufgeweckt hat. Was hat die sich vollgefressen! Wenn ein Lebewesen zu mehr als 10 Prozent aus deinem Blut besteht, darfst du über seine Existenz verfügen wie es dir passt.

(2)
Der Umstand, dass ich nichts verstehen muss, hält schützend seine Hände über mein Gehirn. Es ist nicht nur ein Gedanke, sondern ein objektiver Umstand. Ich kann ihn nur deshalb erfassen, weil er so offensichtlich ist: ich muss nichts verstehen, ich kann mich überall raushalten. Wie automatisch fahre ich mit den Worten über das Ruhekissen des Augenblicks und tümmel mich auf dem vom Tageslicht destabilisierten Markt meiner Gedanken. Cannabis zeigt, dass bestimmte Erkenntnisse nur in bestimmten Stimmungen erfasst werden können, nur an der Oberfläche und nur für eine kurze Zeit. Vielleicht schreibe ich jetzt nur, weil meine absolut berechtigte Scham ausgeschalten ist. Was nützt es, sich hier zu drehen? Der Rausch ist vielleicht ein kaum genutztes Portal zu tieferen Schichten. Wäre ich ein Zwerg, so würde ich lauthals vermuten: "Jeder kann das Portal auf- und wieder zumachen, aber niemand geht durch." Solang solche Texte nicht gelesen werden wie Kurznachrichten aus einer anderen Welt, solang wird die Gesellschaft vor den stagnierten Herzen der Mächtigen in die Knie gehen.

(3)
Wenn man gute Freunde hat, muss man niemals seinen Frieden mit der Welt schließen.

(4)
Nur wenn ich gerade nicht schreiben kann, fühle ich mich, als würde ich mir keine Karriere erkrampfen. Ich darf mich nicht mehr rühren, kein Wort mehr sagen, keinen Fortschritt anstreben: endlich zwinge ich mich nicht mehr, fröhlich zu sein, endlich werde ich plausibel. Ich wünsche mir eine Welt, in der sich plötzlich niemand mehr mit seiner Arbeit identifizieren kann. Apokalyptisch-plüschige Loslösung. Die Kunst hat die Aufgabe, die Distanz zwischen Staat und Leben zu vergrößern.

(5)
Ich will in den verbotenen Garten. Eine schwarze Sommerpause.

(6)
Am Freitag kommen die Bagger und ich weiß nicht wohin. Hin- und hergeschubst von meinem Liebeskummer zwischen blumiger Koffein-Manie und ätzender Schlaflosigkeit, süßen Träumen und Meditationen kann ich keine Wurzeln hier schlagen, alles wird mich überrollen und ein unendliches Glücksgefühl wird mich durchfahren.  Ich trainiere mir schonmal den richtigen Gesichtsausdruck an. - Die besten Veränderungen sind die, die man nicht selbst herbeigeführt hat. Außenwelt, komm ganz dicht an mich ran! Eine Bruchlandung mit grauem Konfetti im Haar. Ich will mein Leben in einen existentialistischen Westernfilm verwandeln. Ich denke nur noch daran, wie all die Leute, die ich auf dem Weg in die Stadt treffe, sich in ihrem Leben fühlen und welche Rolle ich in ihrem Leben spielen würde, wäre ich ein Teil davon, so wie meine Freunde Teil meines Lebens sind. Jeder hat eine Funktion. Was sehen die Leute in mir? Mit welcher Filmfigur würden sie mich vergleichen? Verstehen die Leute, was ich mir von meinem Abstieg verspreche? Ich bin ein offenes Haus, in dem tausende beschriebene Blätter im dramatischen Abspann-Songs kreuz-und-quer herumflattern. Mit welchem Song sollte ich diesen Abschnitt meines Lebens unterlegen? Ich verkrampfe mich, bis meine Verkrampftheit überspannt und mich wieder freilässt. Das immergleiche Aua und Oha. Niemand ist hier, ich bin unten angekommen, denn es gibt nichts mehr zu bezweifeln.

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