01 September 2015

Septemberblätter

(1)
Du wohnst gegenüber, aber kommst nicht vorbei, es fühlt sich fast falsch an noch wach zu sein, hier hinten zu sein in diesem engen Abend, hier wo nichts passiert, nur die Stunden blähen sich auf, hier hinten, hier unten, hier drinnen kommt es auf nichts mehr an. Und die Wohnung ist mir nicht sicher. Wie lang gibt mir der Vermieter noch? Ich dehne mich bis zum äußersten Rand des Lebens, noch ein bisschen weiter, noch ein kleines bisschen, gleich bin ich nicht mehr arbeitsfähig, gleich habe ich Anspruch auf Rente. Hier hinten, hier unten, hier drinnen gibt es nichts mehr zu tun.

(2) 
Ich wurde in ein müdes, buntes Haus verfrachtet, dessen Bewohner nur nachts wach sind und ihre von Not und Mitgefühl befreite Existenz am Rand der Stadt vertiefen. Der Regen, der Wind und Polizeitaschenlampen finden fast überall einen Weg hinein.
Die ironische Freundlichkeit des leeren Himmelblaus leugnet das Gemütliche meines Bettes und ich blinzel mit den Augen und der Sand meiner Wimpern rieselt auf mein steifes Kopfkissen.
In einer Tabakpfeife ist ein winziger Graskrümel so intensiv wie ein halber, freundlicher Wasserpfeifenkopf und getrübt von meinem Charakter, getrübt von den Schlägen der Zeit auf mein Rückgrat schaue ich in die Mittagssonne, bis der Gedanke, dass jede Eigenschaft eine Fessel ist,
finstere Pläne schmiedet. Ich gehe etwas spazieren, aber etwas will unspaziert bleiben. Man sollte ja nur rausgehen, wenn man sich eingestehen kann, dass es nichts gibt, das man zustande bringen könnte.

(3)
Anzeige. - In wessen Leben kann ich mich ausbreiten? Ich bin Ferdinand und lebe auf einem weichen, geräumigen Schrottplatz und suche einen Lebensgefährten, mit dem ich unter die Oberfläche komme. Ich interessiere mich für experimentelle Musik, Veganismus und Schusswaffen. Hast du etwas Verwirrung für mich übrig? Ich bin ein androgynes Zwischenwesen, jugendliche Wirkung und kann nicht so gut schlafen in letzter Zeit. Du solltest einen Hund haben. Meine Freunde nennen mich Nervenbündel, denn ich kann ihre Gesichter nicht richtig deuten. Ich sehe aus wie eine Leseratte, bin aber keine. Wenn du eine gemütliche Lebenseinstellung hast, schreib mir.

(4)
Gekettet an den Beton der Melancholie, von steriler Frische der Ausweglosigkeit umweht, biete ich der Zeit und der Menschheit die Stirn. Wann holt mich die schwarze Angst nach hause?

Berauscht, aber ohne Inspiration, nährt die Leere meiner Freiheit die expandierende Ekstase meiner Abwesenheit und hinterlässt blasse Funken wie diesen.

Die Schreibmaschine meiner Angst presst meine Abstumpfungserscheinungen zu Schwarzpulver zusammen.

NEUE ALPTRÄUME. INPUT! WO BLEIBT MEIN NEUER INPUT? Konzeptkonzeptkonzept! nirgends bleibt mein Konzept. - Ich kann nur aus meiner Selbstzerfälligkeit ein Kloster machen, in dem es nur Platz für mich und ein paar Besucher gibt - und jeden Sonntag werden wir ein Festival auf dem Marktplatz veranstalten, das die Uferlosigkeit der nächsten Jahre fundieren soll für alle, die weder ein Boot noch ein Meer noch ein Ufer wahrhaben wollen.

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